ROBOT – Wer hatte die Idee? Kilfitt oder Berning? Zwei Ahnenforscher kommen gemeinsam zu neuen Erkenntnissen …

von Herbert Börger und Jürgen Bahr, im April, 2021

ZUSAMMENFASSUNG und NACHTRAG eingefügt am 19. Mai 2021

Wir haben eine etwas langatmige Erzählform (einen Dialog) für unsere Recherchen zum Thema gewählt. Deswegen ist es sicher sinnvoll hier eine kurze ZUSAMMENFASSUNG voran zu schicken (wir danken dem einen ungeduldigen Leser, der uns auf den Mangel hinwies – den wir hiermit versuchen zu beseitigen!):

Es gibt zu wenige völlig sichere primäre Quellen zu dem Thema, um die Frage „Kilfitt oder Berning“ mit absolut letzter Sicherheit zu entscheiden. Aber: wir haben systematisch alle verfügbaren Quellen analysiert und sind zu dem Schluss gekommen,

dass mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Heinz Kilfitt bereits den integrierten Federmotor in seiner Kamera vorgesehen hatte, als er mit H.-H. Berning zusammen traf.

Dabei handelt es sich sozusagen um einen „Indizienbeweis“.

„Der Robot“ – die Kultkamera der 1930er und 1940-60er Jahre, die sogar noch bis 2001 gebaut wurde und als Prinzip bis heute in anderem technischen Gewand fortlebt: als Verkehrs- oder Banken- bzw. Raumüberwachungs-System (heute Teil von Jenoptik).

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Fig. 1: aus dem Berning-Familienalbum – Bild und Text zeigen in den frühen 50er Jahren den ersten Einsatz eines Robot in einem Polizeiwagen für die Jagd nach Geschwindigkeits-Sündern! – Quelle: freundlicherweise zur Verfügung gestellt von Jürgen Bahr.

Für alle, denen der Name der Kamera („Der Robot“) nichts sagt: es war die erste im Kameragehäuse „motorisierte“ Kleinbildkamera (Format 24mm x 24mm) die ein tüftelnder (gelernter!) Uhrmacher namens Heinz Kilfitt unmittelbar nach dem Erscheinen der Leica (ab 1926) erdacht und manuell bis zum Prototypen 1931 realisiert hatte. Die Kamera konnte schließlich ab 1935 tatsächlich in großen Stückzahlen geliefert werden. Wenn Sie jetzt 9 Jahre von der Idee zum lieferfertigen Produkt lange finden: Barnack hatte für die Leica 12 Jahre gebraucht!

Die Geschichte der Entstehung dieser Kamera wurde mehrfach erzählt (siehe Literaturhinweise) und basiert grundlegend darauf, dass der „Tüftler“ Kilfitt einen Fabrikantensohn mit mittlerer Reife namens Hans-Heinrich Berning traf, der in der Idee dieser Kamera seine Erfüllung als Unternehmer fand und deswegen nicht zum Playboy werden musste …

Wie um alle derartige Kult-Artikel mit starker Fan-Gemeinde rankten und ranken sich Legenden und Histörchen um die Erfinder und Macher.

Eine der hervorstechendsten Legenden war beim „ROBOT“ jene, dass Heinz Kilfitt die Kamera zwar grundlegend konstruiert hatte, der Unternehmer H.-H. Berning aber die Idee für den Federmotor gehabt haben soll, der ja das eigentliche Unterscheidungs- und Erfolgsmerkmal dieser Kamera gegenüber anderen Kameras war.

Diese Legende ist das Thema dieses Artikels.

Es wird hier ein sehr „spezielles“ Thema im Zusammenhang mit einer großartigen und erfolgreichen Kameraentwicklung besprochen: hatte der Kamerakonstrukteur Kilfitt die (ursprüngliche) Idee für den Federmotor-Antrieb in der ROBOT-Kamera – oder war das sein Geschäftspartner, Geldgeber und zukünftiger ROBOT-Unternehmer H.-H. Berning? Verschiedene Quellen behaupten ausdrücklich das eine oder das andere.

Das klingt jetzt sehr engstirnig – vor dem Hintergrund einer darauf folgenden 85-jährigen erfolgreichen Unternehmens-Geschichte (bis heute).

Wenn man allerdings bedenkt, dass genau diese Eigenschaft als erste Kleinbildkamera mit integriertem Motorantrieb ihren nachhaltigen Erfolg ausmachte, ist der Punkt schon etwas prominenter.

SCHNITT!

Vorgeschichte, erzählt von Herbert Börger: Am 30. April 2018 wies mich mein heutiger Co-Autor Jürgen Bahr in dem von uns beiden genutzten Ahnenforschungs-Portal darauf hin, dass in meinem Stammbaum das Datum einer Person, die wir beide in unseren Stammbäumen führen, fehlerhaft sei. Aus der Tatsache, dass wir diese EINE Person BEIDE  im Stammbaum haben, folgte sogleich der logische Schluss, dass wir IRGENDWIE verwandt sein müssten. Wir telefonierten kurzerhand miteinander und versprachen uns Aufklärung. Das Gespräch war sehr lebhaft und wir kamen auf unser Leben zu sprechen. Ich erwähnte, dass ich mich intensiv mit Fotografie und Technik befasse. Darauf erwähnte Jürgen Bahr, dass er mit der Gründer-Familie der ROBOT-Herstellerfirma verwandt sei. Es machte da noch nicht „Klick“ in meinem fotoaffinen Synapsen – aber es blieb hängen. (Ich steckte damals gerade sehr tief in meiner Angénieux-Forschungsphase.)

Wie es im Leben oft geht: trotz großem Interesse aneinander trat eine längere Kommunikationspause ein. Bis zu dem Zeitpunkt, als ich in meine „Kilfitt-Forschungsphase“ eintrat – und da machte es mit Verzögerung sehr heftig „Klick“: was hatte Jürgen Bahr da erzählt? Die ab 1934/35 als ROBOT an den Markt gebrachte Kamera hatte doch Heinz Kilfitt entwickelt! Sozusagen das erste Gesellenstück des begnadeten Konstrukteurs!  Im Dezember 2020 nahm ich den Kontakt spontan wieder auf – räumlich behindert durch die COVID-19-Pandemie, denn sonst hätten wir uns sicher sofort getroffen – wir sind ja beide Ruheständler.

Es stellte sich heraus: Jürgen Bahr ist der Schwiegersohn des ROBOT-Gründers Hans-Heinrich Berning (H.-H.B.) – seine Frau war die älteste Tochter des erfolgreichen Unternehmers, der die von Heinz Kilfitt (H.K.) erfundene Kamera mit dem legendären Federwerk-Motor (für Verschluss-Spannung und Filmtransport) Markt- und Produktions-reif machte und bis in die 1960er Jahre das Unternehmen dahin entwickelte, dass es auch nach seinem Ausscheiden und durch die Phase des „Zusammenbruchs“ der westdeutschen Kameraindustrie um 1970 herum nachhaltig und erfolgreich Bestand hatte – bis heute. (Worin sich mir übrigens eine starke Analogie zum Unternehmer Pierre Angénieux aufdrängte – und ja: beide Firmen sind heute immer noch erfolgreiche und eigenständige Abteilungen in großen Konzernen!).

Die Eigenschaften des Produkts, die Entwicklung der ROBOT-Kameras, die unglaublich breite Modellpalette und der Weg des Unternehmens ist ausführlich und detailliert dokumentiert in Büchern, Zeitschriftenartikeln, Websites etc. Da besteht für Informationshungrige wirklich kein Mangel.

Mir fiel allerdings bei meinen detaillierten Recherchen auf, dass es gegensätzliche Darstellungen in einem ganz besonders wichtigen Punkt gibt:

Folgt man den Darstellungen der „Kilfitt-Seite“ (z.B. das Kilfitt-Buch von PONT oder der 75-Jahre Jubiläums-Firmenschrift der Firma robot visual systems) so bestand Kilfitts Erfindungsleistung im vollständigen Kamerakonzept der Kleinbildkamera mit allen wichtigen Merkmalen einschließlich Federmotorantrieb – auch wenn unbestritten ist, dass der Prototyp, den Heinz Kilfitt bis 1931/32 erstellt hatte, tatsächlich den Federmotor noch nicht enthielt. (… und nicht einmal das auf der Leipziger Messe 1934 vorgestellte Vorserienmodell enthielt das Federwerk!)

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Fig. 2a: Der Ur-Robot – und tatsächlich hier mit dem Federmotor ab 1935 geliefert. Später wurde er dann zur Unterscheidung „ROBOT I“ genannt. Eine solche Bezeichnung findet sich auf diesen Kameras natürlich nicht – Quelle: fotosaurier – Repro eines Firmenprospektes
Einige Fotos von HHB - Robot-Doppelportrait
Fig 2b: Der ROBOT II (Blitzkontakt auf Vorderseite und geänderter Sucher – nicht schwenkbar) mit zwei verschiedenen Standardobjektiven – Quelle: Archiv-Bild im Besitz von Jürgen Bahr

Folgt man der ROBOT-Berning-Seite (z.B. dem Buch von Hans Grahner oder der ROBOT-Website von Michael Ensel und anderen) so hatte H.K. nur die Basis-Kleinbildkamera erfunden und als die beiden (Kilfitt/Berning) 1932 zusammen kamen, soll H.-H.B. die entscheidende Idee des Filmtransportes mittels Federmotor beigetragen haben.

Allerdings ist die Darstellung auf der Kilfitt-Seite der Website www.robot-camera.de widersprüchlich. Dort steht wörtlich in aufeinanderfolgenden Sätzen Folgendes:

(Zitat) „Das Kleinbildformat hatte neue Möglichkeiten eröffnet, mit einer Uhrwerkkamera – so Kilfitts Überlegung – könnten Aufnahmen in ausgesprochen dynamischem Stil gemacht werden. Die Idee für den Robot war geboren. (Absatz) Mit Hilfe von H.H. Berning, der Geld und die Idee mit einem Federwerkmotor beisteuerte, wie schon in der Geschichte zum Robot näher erläutert, gelang Kilfitt die Entwicklung seiner automatischen Kleinbildkamera im Format 24×24 mm …“

Hier stoßen also die Gegensätze schon innerhalb einer einzelnen Quelle aufeinander.

Das Problem ist: trotz intensivster Suche vieler kluger Köpfe war bisher keine primäre Quelle zu diesem Thema gefunden worden – nur Behauptungen, indirekte Zitate und Meinungen.

Mich als Ingenieur und ehemaligen Unternehmer störte sehr bald, dass die Hypothese der Berning-Idee für das Federwerk unlogisch erschien – aber dazu später.

Der Leser kann sich sicher vorstellen, dass das Treffen eines Familienmitgliedes des Unternehmers H.-H.B. in Person von Jürgen Bahr in mir Hoffnung aufkeimen ließ … findet sich die Primär-Quelle doch noch, mit der die Frage endgültig entschieden werden kann?

Der Dialog zu dem Thema zwischen uns beiden fand pandemiebedingt per e-Mail-Austausch statt. Diesen weitläufigen Austausch von Informationen, Dokumenten und Recherche-Ergebnissen haben mein Co-Autor Jürgen Bahr („JB„) und ich („HB„) hier gemeinsam in ein „virtuelles Gespräch“ zusammengefasst. Die Inhalte des Dialogs sind authentisch – allerdings liegen zwischen den einzelnen Teilen des Dialogs in Wirklichkeit oft mehrere Wochen der Recherche und des Studiums von Unterlagen.

„Wer hatte die Idee?“ – ein Dialog.

HB: Lieber Herr Bahr, ich bin auf der Suche nach primären Informationen zu der Frage, wer hatte die Idee zum fest in das Gehäuse integrierten Federmotor bei der Entwicklung der „ROBOT“-Kamera? In der Literatur ist das Thema umstritten. Sie sind ein Schwiegersohn von Hans-Heinrich Berning. Was hat man darüber in der Familie erzählt? Kann es irgendwo noch Original-Unterlagen geben, aus denen hervorgeht, wie es tatsächlich war? Was wurde in der Familie Berning über Heinz Kilfitt erzählt?

JB: Meine Frau, Eva-Maria Berning, wurde geboren ein Jahr nach dem Beginn der Zusammenarbeit zwischen HHB, wie ihr Vater in der Familie genannt wurde, und Herrn Kilfitt. der ja die Firma wieder verließ als sie fünf Jahre alt war. Das ist keine gute Voraussetzung für persönliche Erinnerungen zu Firmenangelegenheiten. Leider ist meine Frau schon 2016 verstorben. Auch der einzige Berning-Sohn, Peter Hans-Heinrich Berning ist nun gerade in 2020 auch gestorben. Er war Ingenieur und der Einzige, der nach dem Verkauf der Firma (1963/64) noch eine Zeit lang in der Firma gearbeitet hatte.

Als die Firma nach dem Krieg (1946/47) praktisch aus dem Nichts wieder aufgebaut wurde, war meine Frau ein Teenager – die Menschen hatten andere Sorgen, als längst überholte Vorkriegsgeschichten zu besprechen: man blickte nach vorne! Und das waren ja fast abenteuerliche Verhältnisse, in der alliiert verwalteten Tri-Zone – es gab keinen „Deutschen Staat“ – eine Firma wieder aufzubauen. Seit 1941 war fast nur noch für die deutsche Luftwaffe gefertigt worden (Kameras, die in Jagdflugzeuge und Bomber eingebaut wurden um die Einsatzerfolge zu dokumentieren). Die gesamte Fertigung war aus dem von den Bombardierungen bedroten Rheinland in die Oberlausitz bei Zittau verlegt worden. Restbestände der Luftwaffen-RoBoT’s waren zunächst das einzige, was man hatte. Die Fertigungsmaschinen waren in den Wirren des Kriegsendes verloren gegangen. Dennoch gelang bereits 1947 ein Neustart der Fertigung – unter anderem, weil die Firmengebäude in Düsseldorf (ohne die Maschinen) wenig beschädigt waren. Wer blickt in dieser Situation zurück?

Die Firma strebte schnell auf große Erfolge zu – das folgende Bild zeigt die gute Stimmung dabei Anfang der 1950er Jahre:

Bundespräsident Heuss -Fotokina 1952 bei RoBoT Kopie
Fig. 3: Bundespräsident Theodor Heuss besucht den ROBOT-Photokina-Stand (Aufnahme wahrscheinlich am 4. April 1954 entstanden) – auf dem Bild links von Heuss: H.-H. Berning, der seiner Tochter Eva-Maria (der späteren Ehefrau von Jürgen Bahr) die Hand auf die Schulter legt. – Quelle: Originalfoto im Besitz von Jürgen Bahr (mit freundlicher Genehmigung)

Von meiner Frau (Eva-Maria Berning) und meiner Schwiegermutter wurde – wenn sich das Gespräch über RoBoT entwickelteüber Herrn Kilfitt in der Familie nie gesprochen. Es ist meines Wissens heute niemand mehr da, den man diesbezüglich als Zeitzeugen fragen könnte. Interessant finde ich auch, dass nach Sichtung von Fotos aus der Gründungszeit der Firma, Herr Kilfitt nicht auf einem einzigen Foto zu endecken ist. Er schwebt sozusagen wie ein Geist darüber.

Die überlieferten Aussprüche aus der Familie bewegten sich meist in einem gewissen „anekdotischen“ Rahmen – wie zum Beispiel HHB’s Lieblings-Spruch: „Der „RoBoTist die einzige männliche Kamera der Welt“ – das scheint zu stimmen, ist aber relevant und vermittelbar nur in der deutschen Sprache, also der Sprache in der „die Kamera“ weiblich und „der Roboter“ männlich ist – im angelsächsischen Sprachraum sind die alle sächlich … und damit etwas umständlich zu vermitteln.

Ich habe mich immer sehr für Robot interessiert und auch Kontakte zu den Robot-Sammlern und -Forschern gepflegt. Aber letztlich bin ich davon ausgegangen, dass die bei den Herren Hans Grahner, Dr. Beltermann und Peter Lausch beschriebene Version – nämlich dass mein Schwiegervater die entscheidende Idee beigetragen haben soll – stimmt.

HB: Damit haben Sie meiner ursprünglichen Hoffnung auf neue Quellen nun einen sehr schnellen Garaus bereitet. Gibt es irgendwo noch Dokumente, die man heranziehen könnte – haben Sie Kontakte zu der heutigen Nachfolgefirma?

JB: Nachdem mein Schwiegervater die Firma verkauft hatte (1963/64) ging das Unternehmen ja 35 Jahre lang durch mehrere Zwischenbesitzer-Hände, ehe es 1999 im Jenoptik-Konzern landete. Die Archive sind irgendwann vernichtet worden – oder eben immer ein Stück mehr untergegangen. Das hat man versucht zu erforschen. Es soll nichts mehr da sein.

Meine Frau und ich – und auch noch andere Familienmitglieder (unter anderen ihre jüngste Schwester Veronika nebst Ehemann sowie einer meiner Söhne) – waren zur 75-Jahr-Feier der Firma Robot (nunmehr Tochter-Firma von Jenoptik in Monheim am Rhein) eingeladen. Das war unser letzter Kontakt. Meine Frau wurde da im Laufe der Feier über Ihre Erinnerungen an die Firma befragt. Vielleicht gibt es darüber noch eine Aufzeichnung bei der Firma?

Im Jahr 2002 tauchten bei der Auflösung von Räumen der OBECO ( moderne Kurzfassung des früheren Firmen-Namens „Otto-Berning & Co.“ des Vaters von HHB und Großvaters meiner Frau) einige Unterlagen aus der Anfangszeit der Robot-Firma auf. Die habe ich hier und will diese gerne einmal sichten.

Was veranlasst Sie denn, an der Geschichte mit der Federwerks-Idee zu zweifeln?

HB: Ich bin Physiker und Ingenieur. Zweifeln – sogar an eigenen Erkenntnissen – ist unsere zweite Natur in diesem Berufsfeld. Man braucht Beweise. Erschwerend ist hier die Lage: die Geschichte erscheint mir nicht logisch:

Wenn Sie ein gelernter Uhrmacher wären (wie es Herr Kilfitt war – und schon sein Vater war Uhrmacher!) – bräuchten Sie dann einen technisch nicht ausgebildeten Laien, der Sie auf die Idee bringt, dass ein FEDERWERK ein technisches Gerät antreiben könnte? Klar: es ist nicht ausgeschlossen, dass Berning der war, der auf diese Idee kam – aber es erscheint nicht besonders wahrscheinlich.

Ich liste hier kurz die Reihe der Fakten auf, aufgrund derer es mir unwahrscheinlich vorkommt, dass die Federwerks-Idee ursprünglich von Berning beziehungsweise NICHT von Kilfitt stammte:

  1. Die eben genannte Tatsache, dass Kilfitt gelernter Uhrmacher war … alle Uhren jener Zeit wurden von Federwerken angetrieben. Fünf Jahre hatte er alleine an der Kamera getüftelt.
  2. Bekannt und nicht bestritten ist, dass das Merkmal „Schnelligkeit“ bei seiner angestrebten Erfindung von Anfang an ganz im Vordergrund stand. Auch wurde schon ganz am Anfang der Begriff „automatisch“ verwendet – und die Belichtungsautomatik konnte damals noch nicht gemeint gewesen sein.
  3. Kilfitt arbeitete vor dem Kontakt zu Berning in einer Firma in Berlin, in der Fotoapparate, aber auch Filmkameras verkauft wurden, während das Medium Film geradezu einen Boom erlebte – auch Barnacks Leica war bei der Wahl des 35mm-Filmmateriales ja von den verfügbaren Film-Grundmaterialien (Meterware) ausgegangen. Die dort zu erwartenden riesigen Produktions-Mengen verhießen ein günstiges Filmmaterial für die Kleinbildkamera. Kilfitt ging aber mehrere Schritte weiter: Er verwendete für seinen 1931er Prototypen einen Verschluss-Typ, wie er für Filmkameras eingesetzt wurde: den Rotationsverschluss. Alle Filmkameras jener Zeit (nachdem niemand mehr die Handkurbel drehen mochte …) hatten aber als Antrieb des Filmstreifens einen FEDERMOTOR. Es liegt mehr als nahe, dass der bei Kilfitt auch VORGESEHEN war. Vor allem aber hatte der Prototyp auch schon die sehr komplizierte mechanische Steuerung für einen „Freilauf“ des Filmbandes beim Weitertransport fast ohne Reibung. Das hätte man für einen Weitertransport des Filmes von Hand bekanntlich nicht gebraucht. Auch war die Koppelung von Weitertransport und Verschluss-Aufzug schon detailliert vorgesehen, was zu diesem Zeitpunkt (vor 1931) noch nicht bei allen Fotoapparaten selbstverständlich war.
  4. Stellen wir uns das Zusammentreffen der beiden Männer H.-H. Berning und Heinz Kilfitt vor: Berning war von Kilfitts Idee so begeistert, dass er auch Vater (Otto) und Onkel (Hermann – der gleichzeitig sein Schwiegervater war) leicht von dem Projekt überzeugen konnte – das waren gestandene Geschäftsleute, die sicher nicht die Angewohnheit hatten, ihr Geld für Spinnereien in einer Branche, die ihnen fremd war, aus dem Fenster zu werfen. Was hätte an einer Kamera, an der im Grunde gegenüber der Konkurrenz nur etwas WEGGELASSEN war – kein Entfernungsmesser, kein Quer- und Hoch-Format (gut: etwas kompakter war der Apparat) so begeisternd sein können, dass ein sehr junger Mann ohne Fachkenntnisse sein Schicksal und ein rheinländischer Geschäftsmann sein Geld hinein steckt? Das kann ich mir nicht vorstellen.
  5. Last but not least: tatsächlich war Kilfitts Prototyp als Kleinbildkamera im Vergleich sehr kompakt – und wenn man den Prototyp von 1931 mit dem „ROBOT I“ (der damals natürlich nur ROBOT hieß …) mit dem Federmotor darin vergleicht, haben diese Kameragehäuse exakt die gleichen Dimensionen. Ich kann mir schwer vorstellen, dass es gelingen konnte in einem ohnehin schon zierlichen Gehäuse NACHTRÄGLICH einen – auch tatsächlich anforderungsgerechten – Federmotor (samt ergonomisch funktionsgerechtem Aufzugsrad!) zu integrieren, ohne einen Millimeter mehr in Länge-Höhe-Breite zu brauchen. Diesen letzten Punkt führt auch besonders P.-H. Pont in seinem Kilfitt-Buch an.

Ehrlich gesagt habe ich mich schon sehr amüsiert, wie hier das Klischee so zutraf, wie man es im Allgemeinen erwarten würde:

Die „ROBOT/Berning-Fraktion“ (Sammler, Forscher und auch die Wikipedia-Berning-Seite) vertritt die Legende der Berning-Erfindung beim Federmotor; die „Kilfitt-Fraktion“ (Sammler, Forscher und Autoren) vertritt den Standpunkt der Kilfitt-Gesamterfindung.

Während es im Web unterschiedliche Lesarten dazu gibt, hat HHB’s  jüngste Tochter Veronika in ihrer privatschriftlichen Familien-Chronik über die Entstehung der Firma RoBoT dieses Detail nicht erwähnt.

Ich finde das so wunderbar exemplarisch, dass es mich reizt nachzusehen, ob man das grundsätzlich klären könnte. Da keimte mit einem Kontak zur Unternehmer-Familie natürlich Hoffnung auf.

Herr Bahr, was hat man denn in der Familie zu dem Punkt erzählt?

JB: In der Familie galt wohl weitgehend die Auffassung, dass die Federwerks-Idee von HHB stammte – vielleicht war das auch von den Sammler-Forschern beeinflusst. Und man hörte es wahrscheinlich auch gerne. Warum sollte man das hinterfragen – klingt doch schön aus Sicht der Nachfahren! Ich kann mich aber an keine einzige familieninterne Aussage erinnern, dass HHB tatsächlich irgendwann gesagt haben soll, dass in Wahrheit ER die Idee mit dem Federmotor hatte.

HB: Da wir offensichtlich bisher noch keine Primär-Quelle zu dieser Frage besitzen, werde ich mich jetzt erst einmal auf die Kilfitt/Berning-Patente zum ROBOT konzentrieren: das sind schließlich per se Primär-Dokumente, die sich nicht nachträglich manipulieren lassen. Das Patentwesen ist in Europa schließlich seit über 150 Jahren sehr wohl geordnet und dokumentiert. Ich habe da auch genug Erfahrung, um das selbst recherchieren zu können und bin gespannt, ob wir daraus etwas schließen können.

Es wäre schön, wenn Sie an den im Jahr 2002 aufgetauchten Dokumenten dran bleiben könnten.

SCHNITT – so wurde es dann gemacht: beide Autoren haben erst einmal ihre Recherche-Hausaufgaben gemacht.

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Fig 4: Pause beim Recherchieren der ROBOT-Unterlagen – Quelle: fotosaurier

Gut sechs Wochen später schickte ich Jürgen Bahr das Ergebnis meiner Patentrecherche zu, zunächst zusammenfassend in Form einer Tabelle:

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Fig. 5: Alle Kilfitt/Berning-Patente laut DEPATISnet, die sich zwischen 1931 und 1938 auf den ROBOT bezogen haben. In den Spalten Erfinder und Anmelder habe ich strikt die Angaben aus der dortigen Bibliographie verwendet – source: fotosaurier

Und so ging der Autoren-Dialog weiter:

HB: Hallo, Herr Bahr. Ich habe meine Patentrecherche abgeschlossen. Dazu habe ich mich des digitalen Deutschen Patent-Portals „DEPATISnet“, des Europäischen „espacenet“ und auch direkt der nationalen „Canadian Patent Database“ bedient. Dabei habe ich sowohl alle Berning-Patente als auch alle Kilfitt-Patente gesichtet, die sich von 1931 bis 1938 (Ausscheiden von Kilfitt aus der Firma Berning) auf die Kamera bezogen haben. Die Tabelle habe ich Ihnen inzwischen zugeschickt.

JB: Das habe ich mir angesehen und ich habe eine Frage: warum sind bei den englischen Patentanmeldungen keine Erfinder genannt?

HB: Das liegt offensichtlich an dem – zumindest damaligen – britischen Patentsystem, das meines Wissens erst ab 1977 international harmonisiert wurde. Kilfitt selbst ist in der Bibliographie als Anmelder (und damit Patentinhaber) benannt. Im GB-Patent erklärte sich damals der Erfinder persönlich im Text der Patentsbeschreibung (Patent-Specification), wie im folgenden Bild zu sehen ist:

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Fig. 6: Titel-Ausschnitt aus dem zweiten Britischen Patent – Quelle: Europäisches Patentportal „espacenet“

Daher müsste bei den GB-Patenten, die beide mit dem Text „I, Heinz Kilfitt, …“ beginnen – mit dem Unterschied, dass im älteren Patent GB 411 347 die Scheibenstraße in Düsseldorf als Adresse genannt ist – ebenfalls Kilfitt als ERFINDER genannt werden.

Ich will hier kurz dieses Recherche-Ergebnis aus meiner Sicht interpretieren:

Vor 1931 hat Heinz Kilfitt nach meiner Recherche keine Patente für die Kamera angemeldet. Ich kenne auch keine Aussagen, mit welchen Ankündigungen der endgültigen Ausstattung Kilfitt den anderen Kamerabauern den Prototyp angeboten hat.

Alle deutschen Patentanmeldungen (6) wurden von Fa. Otto-Berning & Co, Schwelm, (in dieser väterlichen Firma war das RoBoT-Entwicklungs-Büro in Düsseldorf, Scheiben-Str. eine externe Abteilung) angemeldet und nennen Heinz Kilfitt als alleinigen Erfinder. Patentrechtlich (es ist ja ein Persönlichkeitsrecht) ist diese Tatsache sehr wichtig. Man kann ja auch mehrere Erfinder nennen.

Bis Februar 1934 (also bis kurz vor der öffentlichen Vorstellung des ROBOT mit Motorantrieb auf der Messe und in Zeitungsanzeigen) taucht das Federwerk nicht EXPLIZIT in den (deutschen und internationalen) Patenten auf.

Die Nennung des Erfinders Heinz Kilfitt als alleinigen Erfinder stärkt Kilfitts rechtliche Position gegenüber der Firma Berning. Auch wenn H.-H. Berning selbst noch in diesen Dingen unerfahren gewesen sein sollte: für den Geschäftsbetrieb und das Kaufmännische haben Vater (Otto) und Onkel (Hermann) ja klugerweise anfangs eine schützende Hülle über den jungen Firmengründer gespannt – und beide Senioren waren in ihren Firmen erfahren in Patentdingen, die sicher auch von einer Anwaltskanzlei unterstützt und beraten waren. Immerhin ging es hier um viel Geld!

Ab Februar 1934 wird das Federwerk in den Patenten offen gelegt. Das ist völlig im üblichen Rahmen: man vermeidet die Beschreibung einer Kern-Erfindung, die die Erfindung für den Markt besonders interessant macht, bevor das Produkt sowieso öffentlich vorgestellt oder geliefert wird. Der Grund: ab der „Offenlegung“ der Patentschrift (1 Jahr nach der Anmeldung) kann die Konkurrenz „mitlesen“ und gegebenenfalls eigene „Umgehungslösungen“ suchen oder finden, um die Neuheit zu kontern.

Diese Alleinerfinder-Position Kilfitts bleibt bei den Patenten ab 14./15.2.1934, in denen das Federwerk offen gelegt wurde, uneingeschränkt erhalten. Wäre die Basis-Idee des Federwerks tatsächlich primär von H.-H. Berning gewesen, wäre es eine erstaunliche Schwächung der rechtlichen Position der EIGENEN Firma gegenüber Kilfitt gewesen, dann NICHT Berning als Mit-Erfinder der Kamera zu nennen. Das geschah aber nicht.

Das würde auch dann gelten, wenn die „Idee“ des Federwerk-Filmtransportes in einer mündlichen Besprechung initiativ als „Idee“ durch Berning eingeflossen wäre. dabei muss man ja sagen: als Anmelder hatte die Firma Berning die Macht und die Kontrolle über den Inhalt und die Rechte aus der Anmeldung.

Also ist aus den Grund-Aspekten des Patentrechtes allein nahezu sicher davon aus- zugehen, dass Kilfitt das Federwerk seinerseits bereits im Basis-Paket der Kamera-Ausstattung vorgesehen hatte. Aber eine absoluter Beweis ist auch dies nicht, denn:

Selbstverständlich konnten die rechtlich-wirtschaftlichen Verhältnisse zwischen Kilfitt und der Firma Berning bzw. dem Gründer H.-H. Berning VERTRAGLICH ZUSÄTZLICH und anders geregelt sein – durch Anstellungsverträge, gesonderte Verträge über das geistige Eigentum und dessen Nutzung und auch durch den Gesellschaftervertrag der Fa. Berning, da ja H. K. auch Gesellschafter (40%) gewesen sein soll.

Auf privatschriftlicher Vertragsbasis könnte also dennoch im Grunde alles offen sein – ohne Kenntnis dieser Verträge kann man das Thema rechtlich-wirtschaftlich nicht abschließend beurteilen.

Trotz dieser Einschränkung hat nach der Patent-Lage – unter Annahme eines allgemein üblichen Geschäftsgebarens der Beteiligtenmit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Heinz Kilfitt die Federmotor-Idee gehabt.

JB: Welche Rolle können die ausländischen Patentanmeldungen in diesem Zusammenhang spielen?

HB: Zur Frage „Wer hat die Idee gehabt“ spielen die aus meiner Sicht zunächst keine Rolle.

Ich habe meine Schlussfolgerung aus den deutschen Patentanmeldungen gezogen, weil diese fast bei allen ausländischen Anmeldungen auch als Priorität genannt und eingetragen sind – mit Ausnahme des Kanadischen Patentes. Das spielt – wie das Schweizerische Patent – wahrscheinlich eine Sonderrolle, mit der ich mich hier aber gar nicht befassen möchte. Diese beiden Anmeldungen haben vermutlich mit den ursprünglichen Erfinderrechten gar nichts zu tun – die waren ja jeweils längst dokumentiert.

JB: Welche Rolle könnten sie gespielt haben?

HB: Das wird jetzt rein spekulativ! Die Kanadische Anmeldung hat Herr Kilfitt im September 1934 auf sich als Anmelder/Patentinhaber UND Erfinder getätigt. Davon muss Berning nicht unbedingt etwas gewusst haben. Sie enthält übrigens die umfangreichste und detaillierteste Beschreibung der Kamera sogar bis hin zu Zubehördetails!

Und schon davor, im Juli 1934, hatte Firma Berning eine Anmeldung in der Schweiz getätigt, ohne Kilfitt als Erfinder zu nennen – bzw. mit der Nennung der Firma als Erfinder. Sowas ist ja rechtlich bei uns heute auch möglich – besonders bei Arbeitnehmer-Erfindungen. Die Erfindung MUSS ja an die Firma übertragen werden, wenn die sie beansprucht.

Der Interpretations-Spielraum ist da groß. Es könnten quasi „Rückfall-Patentanmeldungen“ sein, die jeweils für den Fall gemacht wurden, dass in der Geschäftsbeziehung der Partner etwas schief ginge. Es kann genauso gut zwischen den Partnern vereinbart und abgesprochen gewesen sein. Ich habe keine Informationen darüber gefunden.

JB: Ihre Schlüsse aus der Patentlage wirken überzeugend auf mich. Ich bin bisher noch nicht zu einer gründlichen Auswertung des kleinen Aktenfundes aus Schwelm im Jahr 2002 gekommen. Ich sende Ihnen die Papiere jetzt einfach zu und wir besprechen dann gemeinsam, ob sich daraus neue Aspekte ergeben.

SCHNITT – so wurde es gemacht und eine Woche später meldete ich mich nach der interessanten Lektüre der Unterlagen, die Herr Bahr mir geschickt hatte wieder:

HB: Der Original-Aktenfund aus dem Jahr 1934 lieferte leider keine neuen Erkenntnisse in Bezug auf die Frage der Federmotor-Idee. Das interessanteste Fundstück in dem Konvolut, das Sie mir zugeschickt haben, ist diesbezüglich die Kopie des Interviews mit H.-H. Berning im „Südkurier“ (Konstanz) vom 14.11.1981, 17 Jahre nach seinem Rückzug  aus und Verkauf der Firma ROBOT. Diese Interview kannte ich bisher nicht.

In diesem Zeitungsartikel, der das Interview summarisch zusammenfasst und nicht im Interview-Wortlaut wiedergibt, findet sich folgende Passage über die Entstehung des ROBOT (Sie hatten mir ja die Stelle extra angestrichen):

Interview-Südkurier-14.11.1981

Fig. 7: Ausschnitt aus dem Bericht über das H.-H. Berning-Interview am 14.11.1981 im Südkurier, Konstanz – Quelle: fotosaurier , Repro nach einer Kopie der Zeitung

Mir erscheint das hier fast grotesk, dass Herr Berning hier den Namen des „Tüftlers“ – nämlich Kilfitt, der die Grundlage seines Unternehmer-Wohlstandes geschaffen hatte – unterdrückt, ihm aber in der Sache selbst alle Ehre gibt: die Erfindung einer Kamera, die Filme selbständig transportiert.

Ich gehe einmal davon aus, dass dieser Text von HHB inhaltlich autorisiert erschienen ist. Wie sehen Sie das?

JB: HHB war alles andere als naiv, er galt als sehr guter, gewiefter – ja sogar sehr cleverer – Geschäftsmann. Unter dieser Annahme, dass dieser Artikel im Südkurier im Detail autorisiert war, ist das für mich persönlich das „letzte Puzzlestück“ in dieser Recherche, das das Bild vervollständigt:

Fazit – Ja, Kilfitt hatte von Anfang an die Idee des Federmotors im „ROBOT“.

Hätte H.-H. Berning ausgerechnet die Idee für das WICHTIGSTE Merkmal für den Erfolg des Produktes selbst gehabt – er hätte diesen Umstand historisch nicht einfach so untergehen und Spekulationen anheim fallen lassen … Und – mal ehrlich – wäre Kilfitts Leistung ohne dieses Hauptmerkmal 40% der Anteile an der Firma Wert gewesen (die H.K. ja gehabt haben soll!)?

Ich habe auch noch einmal gründlich nachgedacht: aber es scheint keine lebende Personen mehr zu geben, die man darüber hinaus heute noch fragen könnte. Haben Sie einmal versucht, in der Kilfitt-Familie nach Spuren zu suchen?

HB: Gut, dass Sie das ansprechen, Herr Bahr. Nein, ich habe das meinerseits nicht mehr versucht. Der Grund: Patrice-Hervé Pont, der ja ein kundiger und begnadeter Rechercheur in der Foto-Historie ist, hatte das anscheinend für sein KILFITT-Buch, das 2010 in französischer Sprache erschien, versucht. Er schreibt auf Seite 6 des Buches, dass die Familie Kilfitt leider nicht zur Bereicherung seines Buches („enrichir la documentation“) beitragen wollte. Wir haben meiner Meinung nach nicht das Recht, Privatpersonen wiederholt in einer solchen Angelegenheit zu kontaktieren, wenn bekannt ist, dass sie das nicht wünschen.

Allerdings: Wenn jemand dieses liest, der zu dem Thema etwas beizutragen hat, dann würde ich mich freuen, wenn er sich melden würde: entweder über die Kommentar-Funktion oder die Kontaktadresse im Impressum.

JB: Das ist ein gutes Schlusswort.

HB: Dann sind wir am Ende dieser Reise angekommen, die wir ein halbes Jahr lang gemeinsam gemacht haben. Es war spannend – und ich habe dabei viele Erkenntnisse gewonnen und es sind so viele neue Fragen aufgekommen, dass ich sicher noch einmal auf das Lebenswerk von H.-H. Berning aus anderen Blickwinkeln zurück kommen werde.

Berlin/Radolfzell, im April 2021

NACHTRAG:

Nachdem wir unsere Geschichte veröffentlicht hatten, haben wir die klassischen ROBOT-Chronisten in Deutschland (Hans Grahner, Michael Ensel und Dr. Beltermann) und auch weitere Foto-Historica-Experten nach ihrer Meinung dazu befragt (mit Pont und  Bellon haben wir leider noch keinen Kontakt herstellen können).

Der entschiedenste Einwand kam danach von Hans Grahner, der uns mitteilte, er könne in unseren Argumenten keinen endgültigen „Beweis“ sehen. An dieser Stelle möchten wir darauf hinweisen, dass wir in unserem Text selbst festgestellt haben, dass trotz der Stärke der gefundenen Indizien dies kein „endgültiger Beweis“ sein könne und vielleicht nie sein werde, solange keine neuen primären Quellen auftauchen. Also nennen wir es ab jetzt einen „Indizienbeweis“.

Herr Grahner wiederholte die bekannten Argumente für seine Sicht der Dinge, und er machte außerdem per Mail an uns eine überraschende Mitteilung: er habe 1985 im Zuge der Recherchen für sein erstes ROBOT-Buch mit Herrn H.-H. Berning ein Interview geführt, in dessen Verlauf Herr Berning festgestellt habe, dass er die entscheidende Idee des Federwerks beigetragen habe – Herr Kilfitt habe nur die Konstruktion dazu durchgeführt. Die Idee alleine sei eben nicht patentfähig (stimmt!), deshalb sei Herr Kilfitt patentrechtlich der alleinige Erfinder (dieser Standpunkt ist im gegebenen Zusammenhang allerdings nicht korrekt – eine Begründung steht am Ende dieses Textes).

Der genannte Zeitpunkt für das Interview war ein Jahr vor H.-H. Bernings Tod und vier Jahre vor dem Erscheinen des ersten Buchs von Hans Grahner (ROBOT – Geschichte und Technik, Aachen, 1989). Nach erneuter sorgfältigster Überprüfung dieses Buches und auch des zweiten, 2002 erschienenen, Sammler-Buches stellen wir fest, dass ein solches Interview in beiden Büchern nicht als Quelle genannt wird. Das ist bedauerlich, denn es wäre bei der extrem dünnen Primär-Quellen-Situation in diesem Falle für alle Interessierten eine wichtige Information gewesen, die wir nun – quasi beiläufig – 36 Jahre später erhalten.

Es soll nicht der Eindruck entstehen, dass wir Herrn Grahners neue Information für unglaubwürdig halten – es ist nur so, dass wir Herrn Bernings Aussage nach dem umfangreichen Indizien-Check für wahrscheinlich unzutreffend halten, nachdem Herr Berning vier Jahre vorher (14.11.1981) im Interview mit dem Süd-Kurier sich entgegengesetzt zitieren ließ – und der Inhalt dieses Interviews damals auch zeitnah veröffentlicht wurde.

Nun haben wir auch noch zusätzlich das Interview zum 80sten Geburtstag von Heinz Kilfitt im Münchner Merkur zu berücksichtigen, in dem Kilfitt die Idee des Motorantriebs klar für sich beansprucht, und das die ROBOT-Nachfolgefirma (robot visual systems im Jenoptik-Konzern) in der Jubiläums-Schrift „Den Augenblick festhalten“ zum 75sten ROBOT-Firmen-Jubiläum 2008 zitiert mit dem Satz: „Es wäre schön, … wenn es eine Kamera gäbe, die man beim Fotografieren am Auge lassen könnte, ohne sie jedes Mal beim Filmtransport wegnehmen zu müssen.“

In dieser internen Firmen-Denkschrift (ohne ISBN-Nr. – das 135seitige Buch liegt uns vor) wird die Entstehung der Kamera sehr sachlich und konsequent so beschrieben, dass damit Heinz Kilfitts vollständiges Konzept einer motorisierten Kamera umgesetzt wurde. Wir sehen darin einen ähnlich sachlich-logischen Umgang mit der Materie, wie wir ihn uns auf die Fahne geschrieben haben.

Um es noch einmal zusammen zu fassen: es sind heute insgesamt 4 Interviews bzw. Zeitungsartikel zwischen 1978 und 1985 bekannt. Zwei Interviews mit Heinz Kilfitt (Münchner Merkur 1978 und Salzburger Nachrichten 1980), in denen dieser die Idee des Federmotors für sich beansprucht, was durch die gesamte uns bekannte sachliche „Indizienlage“ gestützt wird. Von zwei Interviews mit H.-H. Berning (Südkurier, 1978 und mit H. Grahner, 1985) spricht dieser im ersteren Kilfitt die Federwerks-Idee zu (dass der zusammenfassende Zeitungstext das Gespräch korrekt wiedergibt und autorisiert war ist ebenso wahrscheinlich wie die Möglichkeit, dass er im Wortlaut nicht autorisiert gewesen wäre) – im zweiten Interview, das Hans Grahner kürzlich als seine Quelle offenbarte, soll er die Idee für sich beansprucht haben. Eine Autorisierung dafür seitens H.-H..Berning ist auch hier nicht vorliegend bekannt. Zu diesem Zeitpunkt war Heinz Kilfitt bereits verstorben – das Erscheinen des ersten Buches von H. Grahner (1989) haben beide Herren nicht erlebt.

Tatsächlich müssen wir wohl damit leben, dass über den „Indizienbeweis“ und Wahrscheinlichkeits-Aussagen hinaus keine absolut sichere  Aussage mehr möglich sein wird. Glücklicherweise gibt es aber zwei Lebenswerke, die in ihrer jeweiligen Art und Größe davon unbeeinflusst Bestand haben werden:

  • das Lebenswerk des begnadeten Konstrukteurs Heinz Kilfitt, das bei Weitem nicht nur aus ROBOT bestand,
  • und das Lebenswerk des erfolgreichen Unternehmers H.-H. Berning, das in großer Nachhaltigkeit bis heute fortgeführt wurde und Bestand hat.

Leider muss man aus dem Verlauf der bekannten Ereignisse schließen, dass das gemeinsame Werk am Anfang beider Laufbahnen die Menschen nicht dauerhaft zu Freunden werden ließ. „Unkomplizierte Charaktere“ waren wohl beide nicht – aber das spielt hier keine Rolle, beweist in der Sache nichts – und geht uns auch nichts an …

Das Literaturverzeichnis wurde dem neuen Stand entsprechend bereits ergänzt und korrigiert, wo es nicht korrekt war.

P.S. – zur Rolle des Erfinders im patentrechtlichen Sinne:

Ein Patent ist ein persönliches Recht (Privileg). Es muss einerseits eine Neuheit in seiner Art darstellen („Die Idee“) und andererseits realisierbar sein: die offenbarte „Konstruktion oder das Verfahren“ müssen ausreichend nachvollziehbar dargelegt werden.

Richtig ist, dass eine bloße „Idee“ – ohne die Anleitung zu Ihrer Realisierung – nicht patentfähig ist. Die schönste Konstruktion nützt jedoch auch nichts, wenn die entsprechende „Idee der Neuheit“ nicht dahinter steht – also die Idee, die aus dem besonderen Konstrukt ein patentwürdiges Ding macht. Es ist also falsch, dass nur die Konstrukteurs-Tätigkeit als Erfinder-Eigenschaft zählt.

Es ist absolut unglaubwürdig, dass ein Unternehmer auf seinen anteiligen Erfinderstatus verzichten würde, da er damit seine rechtliche und wirtschaftliche Position dramatisch schwächen oder verschlechtern würde. Wer täte das – vor allem, wenn er selbst Anmelder und Inhaber des Patents ist. Das können wir uns – speziell bei den gestandenen Kaufleuten der Berning-Familie – nur schwer vorstellen.

Literaturverzeichnis:

  1. Verschiedene persönliche Mitteilungen durch Herrn Jürgen Bahr von Dez. 2020 bis April 2021.
  2. Website „www.robot-camera.de“ von Michael Ensel
  3. Hans Grahner, ROBOT – Geschichte und Technik, Eigenverlag, 1. Auflage, Aachen 1989 (ohne ISBN-Nr.)
  4. Hans Grahner, Robot – Das Sammlerbuch, Eigenverlag, 1. Auflage 2002, Aachen (ohne ISBN-Nr.)
  5. Artikel von Dr. Beltermann in Photografica Cabinett, https://www.cabinett.de/heft-7/
  6. Blog-Artikel „Robot Royal III“ – 2. Teil in Website „KAMERAS“ von Peter Lausch, https://www.lausch41.com/robotroyal2.htm
  7. Patrice-Hervé-Pont, Kilfitt / Zoomar, 2010, Club Niepce Lumière, Ecully (F), ISBN 978-2-953-1991-4-7
  8. Patentliteratur aus den digitalen Archiven DEPATISnet, espacenet und Canadian Patent Databases
  9. Artikel im Münchner Merkur zum 80. Geburtstag von Heinz Kilfitt, 1978 – zitiert in Nr. 13 dieses Literaturverzeichnisses
  10. Artikel über Heinz Kilfitt in Sonderbeilage der Salzburger Nachrichten 31.3.1980
  11. Interview mit H.-H. Berning, Südkurier, Konstanz, vom 14.11.1981
  12. Mitteilung von Herrn Grahner im Mai 2021 über sein Interview im Jahr 1985 mit H.-H. Berning – wörtlicher Inhalt dieses Interviews ist nicht bekannt.
  13. Den Augenblick festhalten / Capture the Moment – Firmenschrift zum 75. Robot-Jubiläum der ROBOT-Nachfolgefirma robot visual systems, Monheim, 2002, Redaktion Sabine Preller (ohne ISBN-Nr.)

Bemerkung: es gibt natürlich viel mehr Literatur zum Thema ROBOT (siehe Literaturverzeichnis im Buch von Herrn Grahner), ich habe hier nur angegeben, welche Literatur beziehungweise Mitteilungen wir heran gezogen haben, um diesen Text zu verfassen.

 

Die kürzeste Geschichte der Spiegelreflex-Kamera (SLR)

Aktualisiert am 07. Januar 2021 (Agfa SLRs und Mecaflex Seroa)

Aktualisiert am 24. Januar 2021 (Edixa Reflex und Edixa Electronica)

Aktualisiert am 19. August 2022 (Wrayflex und Yashica TL-Super, Cosina)

Aktualisiert am 27. August 2022 (Rolleiflex SL35, 2000 F, 3003)

Aktualisiert am 20. Februar 2023 (die beiden französischen SLR-Kameras Alsaflex unf Savoyflex)

Diese Zusammenstellung von Daten und Fakten wird sich auf die wesenlichen Innovations-Schritte bei „einäugigen“ KLEINBILD-Spiegelreflex-Kameras (Single-Lens-Reflex SLR for 35mm Film) beschränken und zeitlich meist bis zum Beginn des Autofokus-Zeitalters (1990/92) reichen. Die Anfänge der Mittelformat-SLR werden erwähnt werden.

Die Chronologie ist so geordnet, dass jede besprochene Modellreihe (unabhängig vom Hersteller) zeitlich in der Reihenfolge erscheint, in der die erste Kamera der Baureihe erschien. Die Folgemodelle erscheinen dann danach in demselben Kapitel auch wenn sich die Weiterentwicklung über Jahrzehnte hinzieht.

Die Kapitel sind jetzt nicht nummeriert: Ich bereite ein Inhaltsverzeichnis vor, von dem aus man per Stichwort in das Kapitel springen soll – hoffe, dass das bald funktionieren wird. Die Kapitelüberschriften sind blau und unterstrichen formatiert.

Die (wenigen) Bilder zeigen ausschließlich meine eigenen Oldtimer – ich wollte mich nicht mit vielen fremden Bildrechten herumschlagen. Außerdem hätten zu viele Bilder der Übersichtlichkeit eher geschadet. Die meisten Daten und Fakten sind sorgfältig überprüft – wenn Sie meinen, einen Fehler zu entdecken, benutzen Sie bitte die Kommentar-Funktion.

Kameras mit „Handelsmarken“ wie Hanimex, Porst, Revue etc. werde ich hier nicht behandeln. Sie stammen ursprünglich von einigen der hier behandelten Herstellern, besonders aus Dresden, Russland oder Japan.

Historisch interessierte Menschen leben mit dem Internet heute in paradiesischen Zeiten: über fast jeden auch noch so kleinen Schritt in der technischen Entwicklung hat irgend ein Spezialist in einer Web-Site Kunde abgelegt. Für die an Fotogeräten interessierten kommt der glückliche Umstand hinzu, dass seit 2009 etwa nach und nach noch einige sehr kundige Experten der ehemaligen DDR-Optik-und-Foto-Industrie vieles dokumentiert haben. Ohne diese Kenntnisse wäre jede Geschichte der Spiegelreflex-Technik sehr unvollständig, da ja die Ur-Wiege der Spiegelreflex-Kamera in Dresden und Umgebung lag.

Wandert man heute durch das Internet, so kann man sich viele Details und Zusammenhänge auch noch in verschiedenen Quellen zusammen suchen und damit ein einigermaßen vollständiges Bild machen. Es ist dann auch ratsam, mehrere Quellen zu befragen, da Fehlinformationen, Fehlurteile und Legenden oft ein zähes Leben haben…

Ich persönlich bin ja auch ein Zeitzeuge dieser technischen Entwicklung als Nutzer der Foto-Geräte seit kurz nach dem 2. Weltkrieg – aber gerade zu dieser Zeit lagen viele Vorgänge im dieser Industrie im Osten Deutschlands für uns im Halbdunkel hinter dem eisernen Vorhang. Es waren mehr Gerüchte und Legenden im Umlauf als Tatsachenwissen. Auch waren die DDR-Offiziellen nicht daran interessiert, dass wir hinter die Kulissen blicken konnten. Wir wussten mehr über die japanische Kamera-Industrie als über die in der DDR, auch wenn wir deren Produkte kauften und nutzten.

Auch im Internet kostet diese Art Recherche immer noch eine Menge Zeit. Ich selbst musste mir ein verlässliches historisches Grundraster in Verbindung mit meiner Beschäftigung mit historischer Foto-Optik verschaffen und schreibe nun das Ergebnis hier in sehr geraffter Form – nach besten Wissensstand von 2019 auf. So kann ich es auch selbst immer wieder nachlesen, wenn eines Tages mal der Gedächtnis-Lochfraß einsetzen würde (bzw. unweigerlich wird…).

Der 2. Weltkrieg und die Foto-Optik-Industrie:

Wie sehr viele grundlegende optisch-fotografische Entwicklungen, die noch heute für uns Bedeutung haben, liegt auch das Erscheinen der Spiegelreflex-Kamera (angelsächsisch SLR = Single Lens Reflex) sehr kurz vor dem 2. Weltkrieg. Nur wenige Jahre später wurde der Krieg vom Zaun gebrochen – was zur Folge hatte, dass die zivile optische Forschung und Fertigung weltweit bald völlig zum Erliegen kam, und in den zerstörten, Not leidenden Ländern (ja, auch in Japan lag die Zivil-Wirtschft nach dem Krieg völlig am Boden!) in den ersten Nachkriegsjahren erst einmal wieder aufgebaut werden musste. Dadurch entstand eine Lücke von 1939 – 1949 in der zivilen Foto-Optik und Kamera-Technik. Es gab nur wenige Ausnahmen. Bolsky entwickelte ab 1939 die ALPA SLR-Kamera in der Schweiz und brachte sie noch 1944 auf den Markt. Heinz Kilfit, der Erfinder der Robot-Kamera, wich nach Vaduz aus wo er dann seine legendären Optiken entwickelte. Und Pierre Angénieux, zog sich nach nach Südfrankreich in die unbesetzte Zone azurück und bereitete während des Krieges seinen ganz großen optischen Coup vor.

Genauer gesagt: hier resumiere ich die Entwicklung der

EINÄUGIGEN Kleinbild-Spiegelreflex-Kamera.

Unter den Gesamtbegriff SLR würden selbstverständlich auch die Hasselblad, Praktisix/Pentacon Six, Pentax 67  und Co. auch fallen. Sie erscheinen nach dem 2. Weltkrieg auf der Bildfläche und ich werde den Anfang kurz einordnen.

Die Kleinbildkamera, basierend auf dem 35mm-Kinofilm-Format, musste voran gehen, um den Boden zu bereiten – Oskar Barnacks Leica erschien 1925 auf der Bühne, ein Schritt, der durch den 1. Weltkrieg und die nachfolgenden staatlichen und wirtschaftlichen Turbulenzen verzögert worden war. Der Reportage-Photo-Journalismus, für den sich die KB-Kamera sehr schnell als ideal erwies, war da schon vorher von Dr. Erich Salomon mit der Ermanox-Plattenkamera erfunden worden (4,5x6cm – 6x9cm !). Auch nach der Leica dauerte es noch über zehn Jahre, bis eine Spiegelreflex-Kamera in Serie gefertigt wurde, sie kam in Barnack’s Sterbejahr heraus:

1933/36 – Kine-Exakta, Hersteller IHAGEE-Kamerawerk, Dresden; Konstrukteur: Karl Nüchterlein (1904-1945 als Soldat vermisst)

Die Ur-Exakta hatte einen fest eingebauten Lichtschacht.

Nach dem Weltkrieg wurd die Fertigung in Dresden ab 1948/49 mit einer verbesserten Ekakta II wieder aufgenommen – mit unverändertem Exakta-Bajonett, ab 1950 erhielt die Kamera dann endgültig als Exakta Varex (VX) das Sucher-Wechselsystem, an dessen Konstruktion bereits Nüchterlein vor seiner Einberufung als Soldat gearbeitet haben soll. Ich selbst war ab 1967 ein sehr glücklicher Exakta Varex IIb-Besitzer/Nutzer. Die hatte ab 1967 auch einen Rückschwing-Spiegel. Aus Dresden gab es dann schon die Exakta Varex 1000, mit der die Exakta-Geschichte schließlich 1970 endete.

EXAKTA-IIb_900

Danach gab es tatsächlich bis 1973 noch eine EXAKTA RTL 1000, die eine Practica L mit Exakta-Bajonett und Wechselsucher ist, für die es einen TTL-Prismenaufsatz nach Nikon-Art gab.

Insgesamt wurden ab 1949 bis 1973 unter dem Namen Exakta/Elbaflex ca. 564.000 Kameras gebaut (Quelle: www.dresner-kameras.de).

Die Varex hatte eine Film-Schneidevorrichtung im Gehäuse, mit der man teilbelichtete Filme abtrennen konnte, die man dann aber in der Dunkelkammer (oder im sog. lichtdichten „Wechselsack“) herausnehmen musste.

1937 – „Sport“/“Cvopm“anfangs auch „Gelveta“, Hersteller  GOMZ, Leningrad, UdSSR; Konstrukteur: A.O. Gelgar.

Einige Zeit war es wohl umstritten, ob die Gelveta/Sport nicht doch die erste Spiegelreflex-Kamera war. Mitlerweile ist diese Datierung wohl sicher.

Einschub: Das SLR-Mittelformat

ca. 1936 – entsteht im Sächsischen „Kamera-Valley“ kurz nach der Kine-Exakta auch die Mittelformat-SLR,

zunächst generell im Format 6×6 (56mm x 56mm). 1939 gibt es bereits die Beier-Flex, die Exakta 6×6, die Primarflex und die Reflex-Korelle. Aus letzterer entstand nach dem Krieg für kurze Zeit ab 1947 die Meister-Korelle, die quasi der Vorläufer der Praktisix (1954) ist (Neukonstruktion unter Siegfried Böhm) und auch als Pentacon Six und Exakta 66 extrem erfolgreich war.

Victor Hasselblad stellt im Jahr 1948 seine Kamera mit Schlitzverschluss vor (Hasselblad 1600F/1000F). Bald geht er zum Zentralverschluss im Objektiv über: die legendäre Hasselblad 500 – Baureihe. Später folgen die Hasselblad 2000er und 200er Serien.Die Kameras haben rückseitig Film-Wechselkassetten.

Später folgen viele andere Hersteller mit SLR für die Formate 6×6, 6×4,5 und 6×7:

Pentax 67 und 645, Contax 645, Mamiya 67, Bronica, Rolleiflex SL66 bis Rolleiflex SLX etc.

Das Mittelformat ist nicht das Thema dieser Zusammenstellung.

1938/39 – Praktiflex – Hersteller: ab 1938 Kamera-Werkstätten Guthe & Thorsch, Niedersedlitz; Konstrukteure: Benno Thorsch und Charles A.Noble (?) – 1938 Arisierung: ab dann Kamerawerkstätten Charles A. Noble – ab 1948 VEB Kamerawerke Niedersedlitz (KW-Logo).

Erste Kleinbild-SLR mit Rückschwingspiegel. Objektivanschluss: M40-Gewinde. Wiederaufnahme 1947 (M42 Gewinde – ab 1948/49) – wurde 1951 zugunsten der Praktica eingestellt.

1944 – Alpa-Reflex (Modell C) Hersteller: Pignons S.A., Ballaigues, Schweiz; Konstrukteur : Jacques Bolsky/Bolsey/Jacov Bogopolsky (1895-1962) – später Erfinder der Bolex-Filmkameras in USA. 1964 mit der Alpa 9d eine der aller-ersten SLR mit TTL-Belichtungsmessung (CdS-Zelle hinter dem Spiegel mit Schlitzen). Ab der unten abgebildeten Alpa 10d mit fest eingebautem Prisma (4. Generation). Einige Modelle wurden auch für Halbformat ausgerüstet geliefert (z.B. die 10 s).

(Entwickelt ab 1939) – ab 1949 mit Pentaprisma (Alpa-Prisma-Reflex) – Prisma zunächst wechselbar. KB-SLR mit kürzestem Auflagemaß aller Kleinbild SLR! (37,8mm – gegenüber durchschnittlich 45 mm bei den meisten anderen Kleinbild-SLRs). Dadurch konnte Angénieux sehr früh für die Alpa ein 35 mm-Weitwinkelobjektiv anbieten, ohne auf das Retrofocus-Prinzip zurück zu greifen! Sonst ist mir das nur noch von der Wrayflex bekannt.

Entwicklung und Produktion eingestellt 1990. Es sollen in diesen 45 Jahren gut 50.000 Alpa-SLR-Kameras gebaut worden sein (das ist Manufaktur! – Spitzenjahr soll 1965 mit 1.300 Kameras gewesen sein…).

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Alpa 10d mit Angénieux 90mm f2.5 (1968-1974)

Hinweis: Immer wieder sehe ich, dass Anbieter auf Ebay ihre Exakta-Objektive mit dem Zusatz anbieten, sie seien auch für Alpa verwendbar. Ich denke mir, dass das durch das Erscheinungsbild mit dem Ausleger für die Springblende verursacht wird (über den der frontseitige Auslöser betätigt wird) – ähnlich wie bei der Exakta. Die Objektiv-Anschlüsse könnten allerdings nicht verschiedener sein: 1. das Bajonett hat eine völlig unterschiedliche Geometrie, 2. Das Auflagemass ist bei Alpa 37,8mm, bei Exakta 44,5mm, 3. der Springblenden-„Ausleger“ befindet sich auf der entgegengesetzten Seite!

1948 – Rectaflex – Hersteller: Rectaflex, Rom, Italien  ; Konstrukteur: Marco Antonetto/Telemaco Corsi.

Erste SLR mit Pentaprisma (fest verbaut). Großes Objektiv-Bajonett. Einzige je in Italien gebaute SLR. Wurde 1958 eingestellt (nach einem Intermezzo in Liechtenstein nach 1956, woraus wohl nie eine Kamera verkauft werden konnte…). Es sollen ca. 7.000 Exemplare gebaut worden sein.

1948 Praktica – Hersteller: Kamerawerke Niedersedlitz (1948-1960; ab 1960: Pentacon, Dresden). Ab 1959 mit fest eingebautem Pentaprisma. Pentacon baute bis 1990 Praktica-SLR-Kameras. Ab 1948 mit M42x1 Objektiv-Gewinde.

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1968 wurde noch einmal der Versuch gemacht, eine Profi-SLR auf den Markt zu bringen: das Ergebnis war die ungewöhnlich massive Pentacon Super (1968-1972, ca. 4.500 Kameras gebaut), Konstrukteur war Horst Strehle. In der Geschichte dieses Modells wird das Problem der DDR-Wirtschaft exemplarisch sichtbar (und das sollte weiter anhalten!): die Patente für Verschluß und TTL-System stammten von 1961/62 – die Kamera konnte aber erst 1968 ausgeliefert werden – da hatten die potentiellen Kunden sich weitgehend verlaufen (zur Konkurrenz in Japan) und die Kamera war praktisch schon wieder veraltet.

Sie hatte ein Wechselsuchersystem, aber nur mit dem TTL-Prisma ein gekuppeltes TTL-Belichtungsmeßsystem. Objektivanschluß M42 Gewinde. In Verbindung mit dieser Kamera kam auch das Pancolar 55mm f1.4 heraus, bei dem (einmalig) der Schritt zu den leicht radioaktiven Thorium Gläsern gemacht wurd, weshalb diese Optiken heute im allgemeinen gelblich verfärbt und damit eingedunkelt sind – es sei denn, man hätte sie zwischendurch mittelkurzer UV-Strahlung oder dem direkten Sonnenlich längere Zeit ausgesetzt.

Ab 1978/79 wurden die Kameras mit  PB-Bajonett ausgestattet. Es sollen insgesamt ca. 9 Millionen Praktica/Pentacon-Kameras in vier Generationen hergestellt worden sein! 1991 kam das Ende des Unternehmens Pentacon.

1949 – Duflex – Hersteller: Gamma Werke/MOM-Kamerawerke, Ungarn; Konstrukteur: Jenó Dulovits (Ungarn, 1903-1972). Allererste Kamera mit fest eingebautem, seitenrichtigem Suchereinblick mittels Porrospiegelsucher, Rückschwingspiegel und Metallschlitzverschluss und Automatik-Blende – Format 24×32 mm. Die Kamera hatte zusätzlich noch einen normalen Sucher mit eingespiegelten Brennweiten-Rahmen.

Die Kamera kam nach fast 10 Jahren Vorarbeiten, Patentierung, Marktforschung und Prototypenbau (ab 1944) auf den Markt (1949) – wurde aber in nur 600 Exemplaren bis 1950 gebaut. Der Grund für das plötzliche Ende ist nicht offiziell bekannt. Der Autor Ian Platt hatte wohl im Jahr 2005 die Gelegenheit, in Budapest selbst der Sache auf den Grund zu gehen – aber auch er konnte nur die (wahrscheinlich zutreffende) Vermutung erarbeiten, dass von den kommunistischen Parteien (UdSSR und Ungarn) bei der Organisation der Nachkriegswirtschaft der neu entstandenen Kameraindustrie in der DDR (Dresden) und in der UdSSR der Vorzug gegeben wurde (Export brachte Devisen!) und die ungarische Firma zur Einstellung der Fertigung geszwungen wurde – eine Kamera, die den anderen 10 Jahre voraus war, wurde „eingestampft“ – das Know-How aber auch nicht intelligent transferiert und genutzt (vmtl. „not-invented-here-Effekt“…), was die Ineffizienz der staatlich gelenkten Wirtschaft wieder einmal beleuchtet.

1949 – Contax S – Hersteller: VEB Zeiss Ikon, Dresden; Konstrukteure: Wilhelm Winzenburg und Walter Hennig. Ab 1958 unter Pentacon F.

Mit fest eingebautem Pentaprisma. Sie wurde lange Zeit für die erste SLR mit seitenrichtigem Suchereinblick (Pentaprisma) gehalten – bis die Informationen über die italienische „Rectaflex“ (s.o.) abgesichert wurden. M42-Objektivanschluss. Konstruktions-Vorarbeiten fanden schon von 1938 – 1941 statt (man fing an, die IHAGEE-Produkte Ernst zu nehmen….). Nach dem Krieg aber war völlige Neukonstruktion erforderlich.

1951 – Wrayflex Ia – Hersteller: WRAY Optical Works, London. Bildformat 24 x 32 mm! Ausstattung: Sucherprima aus 2 Spiegeln (seitenverkehrtes Sucherbild!), Filmtransporthebel im Boden – gekuppelt mit Verschlußaufzug. Objektiv-Anschluss Gewinde 41,2 x 26 tpi. Sehr kurzes Auflagemaß (42,05 mm lt. F. Mechelhoff) – da sich der Spiegel beim Schwenken gleichzeitig nach hinten bewegt und so die Kollision mit der Objektiv-Rückseite vermeidet (ähnlich ALPA!) – daher ist ein 35mm-Weitwinkel OHNE Retrofocus-Konstruktion möglich! (Das hatte Pierre Angénieux ja auch bei der Alpa hinbekommen!)

Eigene Objektiv-Entwicklung und Herstellung (Wray war bereits Hersteller hochwertiger Vergrößerungsoptiken gewesen). Optik-Designer: Charles Wynne (ehem. bei Taylor, Taylor & Hobson).

Hochwertige SLR, kompakt und leicht! Einzige Kamera der Firma. Wurde bis 1961 nur in GB vertrieben – danach anscheinend Niedergang, da internat. preislich nicht wettbewerbsfähig. Nur einige hundert Kameras p.a. hergestellt. Firma wurde 1971 geschlossen.

Von der Kamera habe ich erfahren durch den großartigen Artikel von Frank Mechelhoff („taunusreiter“) – http://www.klassik-cameras.de/Wrayflex.html

1952 – Praktina  Hersteller: „KW“ Kamerawerke Niedersedlitz, DDR ; Konstrukteur (verantwortl.) Siegfried Böhm (später auch Konstr. der Praktisix!).

Wechselsuchersystem und sehr großes Objektiv-Bajonett! Die Kamera war so ausgelegt, dass um sie herum ein vollständiges, professionelles System gebaut werden konnte – und auch wurde! Ab 1958 auch unter dem Dach der VEB Kamera- und Kinowerke Dresden (Pentacon) wurde die Praktina  zugunsten der einfacheren und billiger  herzustellenden Praktica-Baureihe 1961 eingestellt.

1952 – Zenit – Hersteller: Krasnogorsky Zavod (KMZ), UdSSR. Zenit-SLR haben meist fest eingebautes Prisma. Die erste Kamera wurde aus der Zorki (M39-Sucherkamera) abgeleitet. Es sollen von 1961 – 1981 über 8 Millionen SLR-Kameras der Zenit-Baureihe geliefert worden sein – z.T. als OEM-Produkte (REVUE etc.). Noch heute werden analoge Zenit-SLR-Kameras gebaut.

1951/53 – Mecaflex – Hersteller: a) Metz, Fürth (1953 – ca. 2.500 Stck); b) SEROA (Benoist-Berthiot), Monaco (1958-1965 – ca. 1.000 Stck); Konstrukteur: Heinz Kilfitt.

Bildformat 24 mm x 24 mm – wie Kilfitt es in den 1930er Jahren auch bei RoBoT realisiert hatte!

Fest eingebauter Lichtschachtsucher, Sportsucher und spezieller Objektiv-Bajonett-Anschluss mit 6 Flügeln (funktional ähnlich Canon FD).

1953/54 Edixa Reflex (bis ca. 1970 / hieß 1953 zunächst Komet) – Hersteller: Gebr. Wirgin, Wiesbaden, Deutschland (ab 1968: Edixa GmbH – bis 1973) – Konstrukteur: Heinz Waaske. Wechselsucher, Schlitzverschluss und M42-Objektiv-Anschluß.

Es wurden bis 1972 ca. 280.000 Edixa-Reflex SLR geliefert.

Die Kamerawerke Gebrüder Wirgin wurden 1920 in Wiesbaden gegründet von Heinrich (Henry), Dr. Max, Joseph und Wolf Wirgin. 1938 Zwangsverkauf an Dr. Schleußner („Arisierung“) – Emigration nach USA. 1945 Rückgabe des Werkes an Henry Wirgin. 1948 Wiederaufnahme der Produktion.

1960 Edixa-Mat Reflex mit Rückschwingspiegel.

1965/66 Edixa-rex d und Edixa-rex TTL mit eigenem Bajonett-Abschluß (Verkauf bricht ein).

1968 Edixa Prismat LTL wieder mit M42-Anschluss. Letzte SLR der Waaske-Aera bei Wirgin.

1962 Edixa Electronica (bereits 1960 auf der Photokina vorgestellt und damals erste vollautomatische SLR!) – Blenden-Vollautomat mit Compurverschluß und fest eingebautem Prisma (Selen-Belichtungsmesser und motorische Blendenverstellung) – ca. 4.100 Stück gebaut.

1965 – Heinz Waaske verlässt Fa. Wirgin, wo er seit 1948 angestellt war, und geht zu Rollei.

1968 gibt Henry Wirgin auf – Insolvenz -Vergleich 1971.

1971 mit der Edixa Electronica TL – bringt die Edixa GmbH noch einmal eine Neukonstruktion auf den Markt (CdS-TTL-Ganzfeldmessung, elektronischer Schlitzverschluß, festes Prisma). Kurzlebig: Abverkauf bis 1972/73.

1953 – Contaflex – Hersteller Zeiss Ikon, Stuttgart; SLR mit fest eingebautem Prisma und Zentralverschluss im fest eingebauten Objektiv – ab Contaflex III vorderer Objektivteil wechselbar (Pro-Tessare)!

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Anfangs (Contaflex I + II) mit Tessar 45mm f2.8. Ab 1956 waren die Objektiv-Vorderteile des neuen Tessar 50mm f2.8 wechselbar (Pro-Tessare). Ab 1958 mit Schnellspannhebel – aber bis zum Ende der Baureihe 1971 ohne Rückschwingspiegel, trotz einer sehr großen Zahl von Modellen! Je nach Modell, gab es ab 1959 oder 1962 einen gekuppelten Belichtungsmesser (Selen) und ab 1962 eine Blendenautomatik (und Zeiss spendierte ein verbessertes Tessar). Seitdem gab es auch Wechsel-Filmkassetten zur Contaflex.

vor 1955 – Alsaflex – Hersteller: Alsaphot, Frankreich, Bild-Format 24mm x 24mm. (Die Kameraherstellung wurde 1970 eingestellt.) Sehr interessante Kamera mit Wechselobjektiven (eigenes Bajonett) – Objektiv-Standarte konnte vertikal nach oben verschoben werden (Paralaxenausgleich!). (Weitere Informationen bei kamera-wiki.org.)

1957 – Retina Reflex – Hersteller: Kodak-Kamerawerk in Stuttgart, BRD, das Kodak 1931 von Dr. Nagel erworben hatte und das seit 1934 Retina Kleinbildkameras baute, nachdem Kodak im selben Jahr den KB-Film in der 135er-Patrone eingeführt hatte. Kodak USA wurde 1882 zur Herstellung von Rollfilmen gegründet und baute ab 1888 Kameras.

Retina Reflex war eine SLR mit fest eingebautem Prisma, Objektiv-Wechselbajonett (Wechsel des gesamten Objektivs!) und Zentralverschluß (Synchro Compur). Vier Modelle – letztes Retina Reflex IV ab 1964 bis 1969. Sehr hochwertig, aber kompliziert und schwer.

Ab 1991 bot Kodak als erster Hersteller eine autonome D-SLR-Kamera an (DCS 100) basierend auf Canon- später Nikon-Serienmodellen. Ein besonderes Highlight war ab 2002 die DCS Pro 14n (14 MP) mit Nikon-Bajonett.

2012 ging die Firma Kodak in USA in Insolvenz – aus Teilbereichen wurden Nachfolgefirmen gegründet – auch der Markenname hat überlebt.

1958 – AGFA Colorflex/Ambiflex/Selectaflex – Hersteller: Agfa Camerawerk, München, BRD, das Agfa 1921 von Heinrich Rietzschel erworben hatte und das Kameras, Verschlüsse und Objektive baute. 1952 wurden UCA GmbH, 1959 Iloca-Werke und 1969 Staeble übernommen. 1983 wurde die gesamte Kamerafertigung aufgegeben.

1958 – Agfa Colorflex I mit Lichtschacht/Prisma wechselbar Colorflex II mit fest eingebautem Prisma und beide mit festeingebauter Optik (Agfa-Apotar 50mm f2.8).

1959 – Agfa Ambiflex – wie Colorflex II aber mit Wechseloptik.

1963 – Agfa Selectaflex – Eigenentwicklung Top-Systemkamera mit fest eingebautem Prisma und Wechseloptik. Selenzelle, Programmautomatik. Misserfolg und 1967 wieder aufgegeben.

1980 – Agfa Selectronic 1/2/3 – eine von Chinon zugekaufte SLR (Chinon CM4/CA4/CE). Ich erwähne sie hier nur deshalb, weil Agfa diese Kamera in einem eigenen Design (von Schlagheck-Schulte-Design) in Japan herstellen ließ. Ein wirklich gutes, wertiges Design – aber im Inneren war es eine „Me-too“-Kamera aus Japan, die technisch identisch von den Versandkaufhäusern billiger angeboten wurde! Außerdem hatte sie den großflächig-knallroten Agfa-„Sensor-Auslöser“, den auch die anderen Agfa Point-and-shoot-Kameras hatten. Ich hielt das damals nicht für gutes Marketing.  Bis 1982 versuchte Agfa eine Preisbindung durchzusetzen, was 1982 endete – und 1983 wurden die letzten Kameras abverkauft.

1958 – Zunow – Hersteller: Zunow Optical Industry Co. Ltd, Japan  ; Gründer der Firma 1930 – als Teikoku Kogaku Kenkyujo: Suzuki Sakuta.

Ambitionierte SLR mit Wechsel-Pentaprisma und Schlitzverschluss, Automatik-Blende, Rückschwingspiegel und Objektiv-Bajonett. Wahrscheinlich neben der Duflex die am kürzesten gebaute SLR der Kamerageschichte. Extrem wenige Kameras wurden gebaut (Fertigungs-Rate: 8 pro Tag!). Die meisten SLR-Kameras sollen unzuverlässig und sehr reparaturanfällig gewesen sein (lt. L. Paracampo)!

Schon 1960 wurde die Firma, die große Optik-Kunden im Cine-Bereich hatte (Neoca und Arco), durch Kunden-Konkurse in die Insolvenz gerissen und wurde am 1.1.1961 geschlossen.

Die Firma war und ist berühmt durch die frühen, extrem lichtstarken Optiken wie das Zunow 50mm f1.1 (Designer: Hamano Michisaburo) – das zuerst für RF-Kameras wie Leica, Contax, Nikon geliefert wurde. Prototypen ab 1950, ausgeliefert wurde das Objektiv ab 1953.

Die Zunow-SLR wurde auch mit einem 50mm f1.1 als Normalobjektiv ausgeliefert. Weitere Lichtstarke Optiken der Firma waren: 35mm f1.5, 35mm f1.7, 100mm f2.0. Ein 75mm f1.0 wurde wohl konstruiert – aber nicht gefertigt…

Die erste Normaloptik 50mm f1.8 für die erste Miranda-SLR-Kamera (Orion) kam von Zunow.

1958 – Savoyflex – Hersteller: Royer, Frankreich; Hergestellt bis 1963. Fest eingebautes Objektiv 50mm f/2.8 (SOM Berthiot) mit Zentralverschluss + drei Objektiv-Vorsätze (Makro, 35mm, 85mm) – Selenbelichtungsmesser. Fünf Modelle.

1958 – Start – Hersteller: KMZ, Krasnogorsk, UdSSR; Hergestellt bis 1964.

Merkmale ähnlich Exakta, wechselbarer Sucher, Tuchschlitzverschluss aber Objektiv-Bajonett ähnlich (nicht gleich) Praktina. Film-Schneide-Vorrichtung im Gehäuse.

1958 – Bessamatic – Hersteller: Voigtländer; eine SLR mit Zentralverschluss-Wechselobjektiven und gekuppeltem Belichtungsmesser (manuelle Nachführung) und bereits mit Schnellspannhebel – Objektiv-Anschluß mit Deckel-Bajonett (DKL) leicht modif. zum Retina-Bajonett. Bis zum Ende der Baureihe kein Rückschwingspiegel!

1961 als Spitzenmodell die Ultramatic cs mit Belichtungsautomatik mittels TTL-CdS-Zellen – mit siebenlinsigem „Septon 50mm f2.0“ – eingestellt 1965 (es wird berichtet, dass der Spiegel-Rückschwingmechanismus vorgesehen war – aber nicht zuverlässig funktionierte – und dann  einfach weggelassen wurde…)

1962 daneben Bessamatic deLuxe (eingespiegelte Zeiten und Blenden), Bessamatic m ab 1964 (rein mechanisch), ab 1966 Bessamatic cs: TTL-Belichtungsmessung mit CdS-Zelle. Ende der Baureihe 1969.

1959 – Contarex – Hersteller Zeiss Ikon, Stuttgart, BRD;

Professionelle SLR. Es gibt fünf Modelle:

1959 – 1966 – Contarex („Contarex I“/“Bull’s Eye“/“Cyclops“) mit fest eingebautem Prisma und gekuppeltem Selen-Belichtungsmesser. Es gab sofort 10 Wechselobjektive – später bis zu 18 Brennweiten und profess. Zubehör, Motorantrieb und Wechselkassetten.

1960 – 1963 Contarex Spezial mit Wechselsuchersystem.

1966 – 1967 – Contarex Professional: neues Gehäuse mit fest eingebautem Prisma und Flash-Matic, rein mechanisch – ohne Belichtungsmessung.

ab 1967 – Contarex S – mit TTL-Belichtungsmessung (CdS-Zelle).

1968 – 1972 – Contarex SE – elektronischer Verschluss – soll die erste Kamera gewesen sein, bei der die Verschlußzeit stufenlos elektronisch gebildet wurde.

1966 – Icarex 35 – Hersteller Zeiss Ikon oder Voigtländer, Deutschland. SLR mit (erstes Modell) Wechselsucher – später festem Prisma, Schlitzverschluss und wieder einem anderen Bajonett-Anschluss für das Objektiv. 3 Modelle (35, 35S, 35CS) – plus drei weitere, identische mit dem Zusatz „TM„: Zeiss Ikon baut tatsächlich in einige seiner letzten SLRs ein M42-Gewinde ein! Dabei ist beim Erscheinen der Kamera selbst das Modell mit TTL-Belichtungsmessung (Icarex 35s, ab 1969 ) der Asahi Pentax gegenüber 5 Jahre im Rückstand.

Zwei weitere SLR-Modelle von Zeiss Ikon gehören eigentlich zur Icarex-Baureihe – werden aber unter anderem Namen vermarktet:

Contaflex 126“ (1966, Instamatic-Film + TTL-Offenblendenmessung gekuppelt!) und als letztes Modell

SL706“ (M42 und TTL-Offenblendenmessung) – es kam im Jahr 1972 heraus, wenige Monate, vor dem Ende:

1972  stellte Zeiss Ikon die gesamte Kleinbild-SLR-Sparte wegen wirtschaftlicher Erfolgslosigkeit ein! Da man das Geschäft mit den SLR-Objektiven nicht verlieren wollte, schloss man 1972 einen Kooperationsvertrag mit Yashica ab (nachdem Pentax abgesagt hatte). Yashica wurde 1983 von Kyocera übernommen. Als Ergebnis der Kooperation entstand die Contax RTS – siehe weiter unten ab 1974.

1970 – Rolleiflex SL35 – Hersteller: Rollei-Werke Franke & Heidecke; Kamerabajonett QMB (proprietär!).

Diese erste von Rollei selbst konstruierte Kleinbild-SLR orientierte sich im Funktionsumfang weitgehend an der Pentax Spotmatic – sowie auch im Preisniveau. Objektive stammten von Zeiss und Schneider – nur Tamron „bespielte“ vorübergehend das QMB-Bajonett mit seinen 3rd-party-Objektiven. SL35 wurde gefolgt von der Rolleiflex SL 350 mit Offenblendenmesstechnik im Jahr 1974 (letzte „Made in Germany“!).

1976 wurde unvermittelt diese eigene Linie zugunsten der letzten (klobigen und unzuverlässigen) Zeiss-Ikon-Entwicklung (Zeiss Ikon SL 706) fallen gelassen. Diese SL 35 M wurde günstig in Singapur hergestellt – nun mit QMB-Bajonett. Es folgte eine SL 35 ME als Zeitautomat.

1981 wurde mitten in der unternehmerisch chaotischsten Zeit bei Rollei die hochkarätige 35mm-SLR Rolleiflex SL 2000 F auf den Markt gebracht! 1984 erfolgte eine weitere Aufwertung mit der Rolleiflex 3003. Die einzige Spiegel-Reflex Kamera mit zwei fest verbauten Suchersystemen und Film-Wechselmagazinen dieser Zeit. Der wirtschaftliche Erfolg blieb auch bei diesem letzten Aufbäumen aus: es wurden lt. Wikipedia ca. 15.000 Kameras der Linie SL 2000F und 3003 gebaut.

1994 wurde die SLR-Fertigung bei Rollei endgültig eingestellt. Die Kameras waren fast alle wirklich von Spitzen-Qualität – aber sie hatten im Markt dem Wettbewerb nie etwas voraus. Dadurch erhielt das deutsche Spitzenprodukt der Technik keine internationale Aufmerksamkeit. Deutsche Kamerabau-Kunst und „Me-Too-Produkte“ … das löste berechtigterweise nur Kopfschütteln aus. Die Einstellung der SLR-Produkte lag nicht zufällig am Anfang des bereits boomenden Autofocus-Zeitalters – da wäre es zum Nachziehen ja auch längst wieder zu spät gewesen.

Grundsätzlich ist zu sagen: alle SLR-Produkte von Rollei (auch die 6×6-SLR-Kameras!) kamen für den Markt und die Zielgruppe zu spät auf den Markt! 95% der Zielgruppe hatten sich dann bereits für die anderen großen (japanischen) Marken entschieden – ich auch! Ich bin dafür praktisch ein Paradebeispiel: Zunächst ein früher Contaflex-Nutzer, hatte ich ab 1966 eine Exakta Varex IIb und ab 1969 die Minolta SRT 101 – im Folgejahr kam die Rolleiflex SL35 heraus – ohne nennenswerte Vorzüge gegenüber der Minolta, die da schon 4 Jahre am Markt war. Gab es in der Firma wirklich niemanden, der Ahnung von Marketing hatte?

1974 – Contax RTS – Hersteller Yashica, ab 1983 Kyocera; Design F.A.Porsche. Kamerabajonett C/Y. Original-Objektive hierzu kamen von Carl Zeiss (BRD). SLR mit fest eingebautem Pentaprisma, und elektronisch kontrolliertem Metall-Schlitzverschluß, z.T. mit eingebautem Motor.

–> Kameraseitig ist dies EIGENTLICH ein Kapitel der japanischen Foto-Industrie!

Eine professionelle Systemkamera-Produkreihe entstand: Contax RTS, RTS II (1982), RTS III (1991) – diese letztere war aus meiner Sicht der absolute Höhepunkt der mechanischen Kamera-Baukunst (Verschlusszeit 1/8000 s): vor jeder Aufnahme wurde der Film mit Vakuum an die keramische Filmandruckplatte gezogen, damit sie absolut eben ist! (… wer das Verschluss- und Spiegelschlag- und Motorantriebs-Geräusch diesser Kamera hört, wird mir vielleicht Recht geben!). Dazwischen lagen weitere, etwas preiswertere, Modelle wie Contax 137MA, 159 MM, 167 MT. Gegen Ende der Ära die Contax RX, RX II – und die AX, mit Autofocus-Funktion durch Verschieben der Filmbahn, wodurch die non-AF-Objektive mit Autofocus nutzbar wurden, wenn auch recht langsam… Auch fast am Ende die wunderschöne, kleine Contax Aria – im 60. Contax-Jubiläumsjahr zusammen mit dem neu gerechneten Tessar 45mm f2.8!

ContaxRTSIII_2_900

Die Zeiss-Objektive der Contax-RTS-Baureihe mit c/y-Bajonett sind Legende – zu Recht!

Kyocera stellte die Herstellung der SLR-Baureihen 2005 ein (Digital-Dämmerung?). Den Autofocus hatte man 2000 noch mit der Contx-N Baureihe eingeführt – 15 Jahre nach der ersten Minolta mit Autofokus… Die Preise für Contax-SLR lagen im oberen Profi-Segment – für manuell zu fokussierende Kameras. Da war der Zug in das Profi-Lager der Zukunft längst abgefahren als Zeiss/Kyocera mit Contax versuchten, da einzusteigen.

Es gab auch 2002 eine erste D-SLR „Contax N Digital“ – dies war die erste Vollformat D-SLR der Welt! Dieser Bolide (6 MP) hatte viele Probleme – wegen der vielen technischen Zicken nannten wir sie „die Diva“. Aber wenn alles gut ging hatte man großartige, rauscharme Ergebnisse, dank fabelhafter Zeiss-Objektive und Vollformat!

1960 – Focaflex – Hersteller OPL, gegründet 1919 in Lavallois, Frankreich (Kamerabau seit 1945 bis 1967) – fusionierte Später mit SOM. Die Kamera benutzt ein Spiegelsystem für den seitenrichtigen festeingebauten Sucher (ähnlich Olympus PenF ab 1963). Drei aufeinander folgende Modelle: Focaflex, Focaflex Automatique und Focaflex II. Einstellung der Herstellung 1967.

Meines Wissens ist dies die einzige SLR, die in Frankreich gebaut wurde – Details kenne ich nicht.

1964 – Leicaflex – Hersteller: Ernst Leitz Wetzlar, BRD; der Hersteller der klassischen Leica-Messucher-Kamera sah sich genötigt, dem Siegeszug der SLR weltweit technisch etwas entgegenzusetzen. Bei der Einführung fehlten der Leicaflex dann aber weitgehend alle innovativen Features der japanischen Konkurrenz – hauptsächlich die TTL-Belichtungsmessung. Die Zahl der passenden SLR-Objektiv-Brennweiten war sehr gering. Für ein Zoom griff man auf ein von Angénieux entwickeltes Modell zurück (45-90mm f2.8). Die (Offenblenden-Messung) wurde mit dem Modell Leicaflex SL 1968 eingeführt. 1974 gab es noch einmal eine geringfügige Auffrischung mit der Leicaflex SL2. 1976 wude die Modellreihe eingestellt und durch die inzwischen in Kooperation mit Minolta entwickelte Leica R-Baureihe ersetzt. Leitz hatte offensichtlich nicht die Kraft dies aus eigenen Resourcen zu tun.

Um die Fertigungskosten der Kameras zu senken, errichtete die Ernst Leitz Wetzlar bis 1973 ein neues Werk in Portugal.

1967/68 – Regula Reflex 2000 CTL – Hersteller: King&Bauser, Bad Liebenzell, Deutschland – Konstrukteur: Joseph Op de Beek. Mechanische SLR (1/2000 s) mit TTL-Belichtungsmessung. 1966 auf der Photokina vorgestellt – mit NikonF und M42-Anschluss. Letztlich wohl meistens mit M42 gebaut. Es gab 3 weitere Modelle. SLR-Fertigung bis ca. 1975geschätzt 4.500 Kameras.

Firma King wurde 1936 gegründet und zog 1938 nach Bad Liebenzell. Ab 1949 wurden Kameras produziert (bis 1984 sollen es lt. Wikipedia ca. 5 Millionen Kameras gewesen sein!). Ab 1960 wurden Blitzgeräte gebaut, die sehr bekannt und geschätzt waren. 1984 ging Regula-Werk King & Bauser in Konkurs. (Andeutungen auf Wikipedia lassen darauf schließen, dass hohe Investitionen in das – sorry: dämliche! – Photo-Disc-System von Kodak (Filmformat 8mm x 10,5 mm!!!) mit einer sehr unglücklichen Lizenz-Strategie seitens Kodak sich als Fehlinvestition erwiesen und mit Schuld an dem Konkurs hatten!)

1976 – Leica R3 – Hersteller: Ernst Leitz Wetzlar, BRD (ab 1986: Leica Camera AG) – jene in Zusammenarbeit mit Minolta entwickelte SLR mit fest eingebautem Prisma und elektronisch gesteuertem Metallamellen-Verschluß. Also endlich eine moderne SLR von Leitz Auch das nächste Modell Leica R4/R4s (ab 1980/83) wurde noch in Zusammenarbeit mit Minolta geschaffen. Außerdem übernahm Leitz mehrere Minolta Objektiv-Designs: 24mm f2.8, Fisheye 16mm f2.8, 35-70mm f3.5 und 70-210mm f4. Die Modelle Leica R5/R-E (ab 1986/90) bekamen zusätzlich TTL-Blitzsteuerung (die die Olympus OM-2 bereits seit 1975 besaß…). Fast 15 Jahre lang war die Leica R jetzt rein äußerlich fast unverändert – und in mancher Hinsicht technisch der japanischen Konkurrenz leider ca. 10 Jahre hinterher…

Leica R6/R7 wurden ab 1988/92 in einem völlig neuen Gehäuse gebaut, wobei die R6/R6.2 eine rein mechanische Kameras waren, die auch ohne Batterie funktionierten (Batterie diente nur zur Belichtungsmessung – wie bei Olympus OM-3Ti.). Die Kamera wurde gegenüber der R5 modernisiert und bekam Mikroprozessor-Steuerung.

LeicaR8_900

Leica R8 (ab 1992-1997) und R9 (ab 1996) wurden als letzte SLR der Leica R-Baureihe bis 2009 hergestellt. Sie erhielten ein sehr modernes Design – aber waren immer noch MANUELL zu FOKUSSIEREN ! Ab 1996 gab es ein Digital-Rückteil-Modul (10 MP CCD-Sensor mit Brennweiten-Verlängerungs-Faktor von 1,37), das auch an der R8 verwendet werden konnte. Damit endete die Ära der SLR bei Leica Camera AG.

Die ab 2015 gelieferte Leica SL (Vollformat 24×36) ist eine spiegellose Digital-Systemkamera mit Adapter für die R-Objektive – nun MIT Autofokus…

Die Leica-R-Objektive haben – zu Recht! – einen Ruf wie Donnerhall – viele sind legendär geworden! Ich selbst schätzte am meisten die Summicron-Baureihe und die Apo-Elmarit- (Makro!) und Apo-Telyt-Optiken.

1970 – Rolleiflex SL 35 – Hersteller: Rollei, Singapur. Konstruktion bei Rollei in Braunschweig. Aber produktionsseitig ist dies eigentlich bereits ein Kapitel der asiatischen Fotoindustrie… SLR mit fest eingebautem Pentaprisma, Rollei QMB-Bajonett und Zeiss-Originalobjektiven.

Ein kurzes Intermezzo mit vier Modellen (35, 35ME, 35E SL350) bis 1983. Zum Schluss legte Rollei mit der SL2000 (1981-84) noch einmal ein SLR-Highlight im Stil der würfelförmigen 6×6-Mittelformat-SLRs auf: mit fest verbautem Lichtschacht und Prisma, Motor und Wechsel-Filmkasetten!

Und wo bleibt die japanische Foto-Industrie?

Man muss wissen, dass die japanische Industrie nach dem verlorenen 2.Weltkrieg wahrscheinlich noch wesentlich stärker am Boden lag als die deutsche. Deshalb ist es kein Wunder, dass diese Industrie auf diesem Gebiet spät startete, aber dann mit enormen Fleiß, geballter Innovationskraft und einem nationalen Qualitätskonzept (MITI)!

Das Versagen der deutschen Fotoindustrie wurde zunächst gerne damit beschönigt, dass die japanische Industrie die europäische mit „billigen Kopien“ unfair geschädigt habe. Ja, die „billigen Kopien“ der Leica gab es wirklich in Russland und Japan. Aber heute liegen die Fakten detailliert auf dem Tisch und es ist weitgehend Konsens, dass die deutsche Fotoindustrie nicht wegen billiger Leica- oder Contax-Kopien untergegangen ist – es sei denn, man bezeichnet eine technisch und designerisch fortschrittlichere japanische Kamera nur deswegen als „Leica-Kopie“, weil sie einen gekuppelten Entfernungsmesser und ein M39-Anschlußgewinde hat. Frank Mechelhoff hat in seinem Blog „klassik-kameras.de“ einmal sehr überzeugend nachgerechnet, dass eine japanische (Canon) Meßsucherkamera Anfang der 60er Jahre teurer war, als eine deutsche – und technisch fortschrittlicher! Und selbst die Objektiv-Designs waren oft fortschrittlicher!

Ich bin nicht kompetent, den Niedergang der deutschen Fotoindustrie in den 1960/70er Jahren zu beurteilen, aber mein Verdacht ist, dass eine Menge Überheblichkeit und Ignoranz im Spiel war.

Die japanische Industrie erschien mit einigen Jahren Verzögerung nach dem 2. Weltkrieg in der SLR-Technologie auf dem Markt, machte dann aber gleich ab den 1960er Jahren mit Innovationen auf sich aufmerksam. Da war die deutsche-europäische Geschichte der Spiegelreflex-Kamera schon fast zuende erzählt… mit Ausnahme der DDR-Indstrie – … und der Leica R, die noch lange gemütlich hinterher zuckelte.

1952 – Asahiflex I – Hersteller Asahi Optical Co; die 1948 wiedergegründete Optik-Firma, eursprünglich ein Brillenglas- und  Foto-Objektiv-Hersteller. Erste japanische Spiegelreflex-Kamera. 1954 (Asahi IIB) mit Rückschwingspiegel, ab 1957 mit fest eingebautem Pentaprisma. 1957 kauft Asahi von der Dresdener VEB Zeiss Ikon den MarkennamenPentax“ (gebildet aus Pentacon und Contax) – danach heißen die SLR-Kameras Asahi Pentax – später nur noch Pentax. Anfangs mit Objektiv-Gewinde M37 – ab 1957 wird auch das M42x1 Anschlussgewinde aus Dresden übernommen – für EIGENE Takumar-Foto-Objektive. Man erkennt hier welche Vorbild-Rolle zu diesem Zeitpunkt die Dresdener Kameratechnik NOCH hatte. Eine Zeiss-West-Spiegelreflexkamera gab es da noch gar nicht (und bald schon nicht mehr…). Heute heißt die Firma „RICOH“ – aber der Name Pentax ist für die SLR-Kameras geblieben.

1964 landete Asahi Pentax seinen legendären Innovations-Coup mit der TTL-Belichtungsmessung (durch das Objektiv): die Pentax Spotmaticobwohl die früheste Serieneinführung der Belichtungsmessung durch das Objektiv ein Jahr früher durch Topcon erfolgt war (Topcon RE Super) – Asahi war wohl besser in der Vermarktung.

1971 folgte ein erneuter Innovations-Schub durch die TTL-Belichtungsautomatik und die Super-Multi-Coating (SMC) Objektiv-Beschichtungs-Technik. Dieser Schwung reicht zu einer sehr starken Marktstellung bis in die 80er Jahre. Zeiss Ikon (BRD) stellte ein Jahr später die Fertigung aller Kleinbildkameras ein).

1975 führte Pentax schließlich – zu spät – das K-Bajonett für die Objektive ein: der Stern sank nun langsam im Vergleich zu früheren Glanzzeiten. Nur Praktica (Pentacon, DDR) stellte noch später – 1979 – auf ein Bajonett um.

Ab 1987 erfolgte bei Pentax Umstellung auf Autofocus – Mitte der 00er-Jahre auf Digital. 2005 hat Pentax die Herstellung von analogen SLR eingestellt.

1955 – Miranda T – Hersteller: Orion Camera Co., ab 1957 Miranda Camara Co.; gegr. 1946/47 von zwei Luftfahrt-Ingenieuren: Ogihara Akira und Ōtsuka Shintarō (sie sind auch die Konstrukteure).

Erste japanische SLR mit wechselbarem Pentaprisma (öffentl. Prototyp 1953!). Sehr eigenwilliger Objektiv-Anschluss: Gewinde M44 + ein zusätzliches Außenbayonett. Ab 1969 auch Varianten mit M42. Die Objektive wurden zugekauft. 1967 Modell Sensorex mit TTL-Belichtungsmessung. 1971 Sensorex EE mit automatischer Belichtungssteuerung und neuen Wechselsuchern. 1975 folgte als letztes Modell die kompakte dx-3 mit fest eingeb. Prisma und elektronisch gesteuertem Verschluß. Im Laufe der 60er Jahre übernahm nach und nach AIC (Soligor) die Kontrolle über die Firma.

1976 Ende der Firma durch Insolvenz.

1957 – Topcon R – Hersteller: Tokyo Optical Company Nippon (Topcon), Japan; gegründet 1932 als Optische Werkstätten, Kameraherstellung ab 1937. Die erste SLR ist bereits eine Systemkamera mit Wechselsucher und Exakta-Objektiv-Bajonett und Schlitzverschluss. Bereits mit dem Modell Topcon R II wurde 1960 das Bajonett modernisiert und auf interne Blendenübertragung umgestellt, so dass der „Springblenden-Auslöse-Ausleger“ verschwand.

Erstaunlich war die hohe Innovationsrate bei Topcon – oft wurden im Jahresrhythmus neue Features auf den Markt gebracht – oft als weltweite Erst-Innovation – auch bei den Zentralverschluss-Kameras.

Mit dieser ersten Schlitzverschluss-SLR brachte Topcon auch sofort zwei Tele-Boliden herus: 13,5cm f2.0; 30cm f2.8 – das letztere kam damit rund 17 Jahre eher heraus bevor Canon sich traute dies zu machen (das FL-Fluorite von 1974). Das Topcor 30cm f2.8 konnte werbewirksam bei der Olympiade 1964 in Tokio eingesetzt werden! Die optische Qualität dieser Objektive ist ganz erstaunlich! Das 300mmf2.8 wurde bald reihenweise für Nikon-Anschluß umgerüstet. Um die Innovationskraft des Unternehmens einzuschätzen muss man wissen, dass dort bereits 1958 ein Prototyp eines Spiegelteles 1000mm f7 existierte, das aber nicht in Serie ging.

1959 – Topcon PR – mit dieser Baureihe, ähnlich der Zeiss IKON Contaflex III (Spiegelreflex mit Zentralverschluss, festes Prisma und fest eingebautes Objektiv und Wechsel der vorderen Objektiv-Hälften) schob Topcon schon nach 2 Jahren eine SLR-Type nach, der sie parallel bis zum Ende der Kamerafertigung 1981 auch treu bleiben würde: die SLR mit Zentralverschluss im Objektiv (Grundprinzip der Hasselblad 6×6 …) war auch bei Kleinbild-SLR in den 60er und 70er Jahren sehr populär. Auch ich bin mit der Contaflex II meines Vaters „zur SLR sozialisiert worden“!

Im Gegensatz zu Zeiss Ikon, die die Contaflex bis zum Ende (1971) OHNE Rückschwingspiegel baute, führte Topcon schon 1960 in beiden Kamera-Linien den Rückschwingspiegel ein!

Topcon machte aber schon 1963 einen weiteren Schritt: echte Wechselobjektive mit je einem eigenen Zentralverschluss. Die Zentralverschluss-SLR-Reihe wurde auch in kurzen Abständen aktualisiert und weltweit vertrieben: PR, PR II, SR, Wink-Mirror (1960), Wink-Mirror-S, Topcon Uni & Auto 100 bzw RE Auto, Unirex (1965), Unirex EE (1972), IC-1 Auto.

1963 – Topcon RE Super: weltweit erste SLR-Kamera mit TTL-Belichtungsmessung, ein Jahr VOR Pentax auf dem Markt. Ebenfalls Wechselsucher und Exakta-Bajonett – aber erweitert um Blendenfunktionen! Es war ein Paukenschlag – 1963/65 kam hier ein extrem umfangreiches Kamerasystem auf den Markt, mit einem vorher nie gesehenen Ojektiv-Brennweiten-Programm (Brennweiten noch in cm graviert!): 5,8cm f1.4; und weiterhin die beiden Highlights 13,5cm f2.0; 30cm f2.8; sowie die beiden exzelenten Retrofokusobjektive 2,5cm f3.5 und 2,0cm f4.

Die bereits 1957/59 und 1963/65 aufgelegten Objektive sind ALLE von ganz exquisiter optischer Qualität! Auch das Retrofokus-Weitwinkel 2,4cm f3.5 von 1963 ist selbst dem Zeiss-Distagon 25mm f2.8 zur Contarex von 1961 so haushoch überlegen, dass man es kaum fassen kann. Ich werde in Kürze über diese Ausnahme-Optiken detailliert berichten.

Schon Ende der 60er Jahre ließ die Innovationskraft des Unternehmens leider erkennbar nach.

1972/73 – Topcon Super D/DM wurden gebaut bis zum Ende der Kameraproduktion 1981.

Topcon_SuperD_900

Super D ist eigentlich noch die alte RE Super – Die Super DM ist stark überarbeitet im Sucher- und Motor-Winder-Bereich. Das letzte Spitzenmodell.

Ich bin weit davon entfernt, alle Topcon-Kamera-Modelle „entschlüsselt“ und eingeordnet zu haben. Insbesondere habe ich den Verdacht, dass die IC-1 Auto tatsächlich keine Zentralverschluss-Kamera ist, sondern die Unirex mit Schlitzverschluss („focal-plane“) und mit Beibehaltung des UV-Topcor-Bajonett-Anschlusses den UV-Objektiv-Besitzern eine Alternative bieten sollte. Ich habe das Thema Topcon ein bisschen ausführlicher behandelt, da es hierzulande sehr wenig bekannt ist. (Wer Japanisch kann, sollte mal in den Link http://www.topgabacho.jp/Topconclub/ schauen. Er enthält auf jeden Fall sehr viele gute Bilder!)

Topcon war in Europa präsent als ich studierte und dann jung im Beruf war. Ich träumte von ihr – für mich ist sie bis heute die schönste SLR je – und kaufte mir dann eine Minolta SR-T 101 … Warum diese herausragenden Kameras und Objektive dann so schnell wieder verschwanden, ist mir nicht bekannt. Im Jahr 2003 (40. Jubiläum?) legte Cosina noch einmal einen Nachbau des legendären „Auto-Topcor 5,8cm f1.4“ auf.

Firma Topcon ist heute Weltmarktführer bei Geodäsie-Geräten.

1959 – Canonflex – Hersteller: Canon, Tokio, Japan; gegr. 1937 als Kamerabauwerkstatt. Heute ist Canon der größte Kamerabauer der Welt.

Die Canonflex (3 Modelle bis 1964) hatte Wechselprisma, R-Bajonett-Objektivanschluss („breech-lock“), Schnellspannhebel und automatische Springblende und Rückschwingspiegel. Sie war sehr solide (Gehäuse über 900 gr) und hatte ein klares Design.

Man kann diese frühen Modelle, die einzelne Features der Nikon F voraus hatten, durchaus als Fehlstart gegenüber Nikon bezeichnen: einige Konstruktionsdetails standen dem Erfolg klar im wege (wie der Schnellspannhebel am Kameraboden – sehr ungünstig bei Arbeit auf dem Stativ – und es gab zu Beginn keine Weitwinkelobjektive!. Von den 3 Modellen mit R-Bajonett wurden bis 1964 gut 100.000 Kameras gebaut – während Nikon gleich mit der Nikon F bis 1974 über 850.000 (lt.Cameraquest) verkaufte.

Canon hatte nach Gründung zunächst die Objektive (für die Messsucherkameras) von Nikon zugekauft und hatte erst 1947 mit einer Objektiv-Fertigung begonnen (Serenar). Canon stellte die Messsucher-Kameras erst 1968 ein („das Beste“ kam quasi noch nach 1959, z.B. mit dem 50mm f0.95 an der Canon7 im Jahr 1961!) – während Nikon sich praktisch sofort voll auf die SLR konzentrierte.

1964 wurde mit der Canon F-Serie das FL/FD-Bajonett und das Schnelladesystem für den Kleinbildfilm eingeführt. Damit hatte Canon Tritt gefasst und wurde erfolgreich. Das wichtigste ist sicher das Profi-Modell F-1 (1971) mit den Folgevarianten F-1n (1976) und F-1 New (ab 1981 … bis mindestens 1988 gebaut). Alle Varianten waren mit Wechselsuchern (5 Modelle, 10 Einstellscheiben!) ausgestattet, die je nach Typ Nachführbelichtung, Zeitautomatik oder Blendenautonmatik ermöglichten. Es gab natürlich Motorantrieb, sensationell war das 1972 vorgestellte F-1 Highspeed mit Teildurchlässigem Spiegel und Motor, das 9 Bilder/sec schaffte. Canon tat alles, um den Vorsprung, den Nikon im Profi-Segment hatte, aufzuholen. Aber das dauerte noch – entscheidend wurde hier der Einstieg in das AF-Zeitalter! (ab 1987)

Die F-1 New wird als Canon-Profi-Modell erst von der EOS-1 im Jahr 1989 abgelöst!

Die Canon A-Serie für Amateur-Kameras wurde von 1976 – 1983 gebaut. Zwei Modelle ragen heraus: AE-1 (1976) war die erste SLR-Kamera mit Mikroprozessor-Steuerung, die   A-1 die zweite SLR (nach Minolta XD-7) mit Zeit- und Blenden-Automatik.

Beobachtung: während Firma Canon im Profi-Segment Nikon hinterherjagte, trieb Minolta Canon im Amateur-Segment vor sich her! Die Tatsache, dass Canon BEIDE Herausforderungen parallel gemeistert hat, hat der Firma schließlich die heute bestehende Spitzenposition im Markt eingebracht.

Die bedeutende Rolle von Minolta im damligen Amateur-Segmentwird besonders daran deutlich als Minolta 1985 überraschend als erster Anbieter die auf den Amateurmarkt zielende Autofokus-Modellreihe 7000 AF/9000 AF heraus bringt: Canon bringt in aller Eile für zwei Jahre – vor der für 1987 geplanten AF-Baureihe EOS mit neuem EF-Bajonett – eine AF-Kamera in der T-Reihe (T-80) heraus für deren AF-Betrieb sie 3 spezielle mit AF-Motoren ausgestattete Objektive (mit FD-Bajonett!) Anbot. Auch Nikon hatte ja eilig eine solche „Zwischenlösung“ mit der Nikon F3 AF eingeschoben, ehe eine „echte“ AF-Kamera folgte (F-501 in 1986).

Beide konnten nicht verhindern, dass Minolta wegen des großen Erfolges seiner AF-Kamera-Reihe vorübergehend zum mengenmäßig größten SLR-Kamerahersteller wurde.

1983/84 – Canon T-50 und T-70 – mit fest eingebautem Prisma, eingebautem Filmtransport-Motor und weiterhin FD-Bajonett (bis 1989) – schließlich 1986 das Spitzenmodell T-90 im wegweisenden Design von Luigi Colani, das bis heute  die Canon SLR-Spitzen-Modelle eindrucksvoll kennzeichnet.

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1987 – Canon EOS-650: Die EOS-Baureihe läutet das „echte“ AF-Zeitalter ein, mit einem neuen, erheblich vergrößerten  EF-Bajonett. Das Profi-Spitzenmodell EOS-1 kam 1989 auf den Markt. Nomenklatur der EOS-Reihe: EOS-N: Profi-Kameras (EOS-1/-3/-5); EOS-NN: gehobenes Amateursegment (EOS-10/-30/-33/-50); EOS-NNN: Amateur-Segment.

Ab jetzt spornen sich Canon und Nikon abwechselnd zu den jeweiligen technischen Innovationen im 5-Jahres Rhythmus an – was gut für den Kunden war und dazu führte, dass die Entscheidung, wer auf diesem Markt führend ist, sich ab jetzt nur zwischen Nikon und Canon entschied. Da konne nun niemand mehr mithalten. Ich entschied mich ca. 1990 ebenfalls für Canon (EOS-10).

Kameraseitig wurden erst im digitalen Zeitalter die Karten neu gemischt – was heute, 2020, wieder zu neuen, spannenden Konstellationen führt – aber mit Rückgang der Bedeutung der SLR verbunden ist.

Canon D-SLR:

Nach ersten Vorläufern 1995 bis 1998 in Zusammenarbeit mit Kodak (EOS-DCS3/DCS2000/DCS3000 – mit 2 oder 6 MP-Digitalrückteil an der EOS-1N) – startet Canon bereits 2000 mit ersten semiprofessionellen D-SLR (EOS D30) und setzt den Maßstab mit dem ersten professionellen Modell EOS D-1s Mark II mit Vollformat 24x36mm in 2004 (16,7 MP). Canon entwickelt und fertigt die Bild-Sensoren nun selbst. Auch hatte Canon bereits 2004 mit den 8,5 Bildern/sec (EOS D1 Mark II – 8,2 MP) eine Marke gesetzt, um ab jetzt Platzhirsch im digitalen SLR-Zeitalter zu bleiben. Im Jahr 2015 überspringt Canon die Schwelle von 50 MP – in einer semiprofessionellen D-SLR.

Die Bedeutung, die bei der Einführung des Autofokus die Fokussier-Geschwindigkeit hatte, übernimmt nun die Verarbeitungsgeschwindigkeit der riesigen Datenmengen als technologische Barriere in der D-SLR.

Die Kamera wird zu einem Hochleistungs-Computer – aber nicht nur bezüglich der Transfer- und Verarbeitungs-Geschwindigkeit der Daten (mit 8, 12 oder 16 bit), sondern immer mehr auch bezüglich der Sensorstruktur und der Algorithmen, die aus den elektrischen Impulsen ein „Bild“ machen – was ja schließlich das Ziel der ganzen Übung ist und bleibt!

Außer Canon und Nikon hat meines Wissens HEUTE (2020) nur noch Sony D-SLR im Programm mit der A900 (2008 – 25 MP) und der A99 II (2016 – 42 MP) – in Minolta-Nachfolge mit dem A-Mount.

Canon spiegellose digitale Systemkameras: ab 2015 hat Canon mit dem APS-C-Sensorformat spiegellose digitale Systemkameras (M-Baureihe) eingeführt – inzwischen (2019) mit bis zu 30 MP.

Erst 2018 bringt Canon mit der R-Baureihe (und neuem R-Bajonett wegen des kürzeren Auflagemaßes) eine spiegellose Systemkamera (im Format 24x36mm) auf den Markt – führt aber die D-SLR-Baureihen weiter.

Die SLR-Objektive im D-SLR-Zeitalter:

Es ist nicht selbstverständlich, dass die über ein Jahrhundert optimierten „Analog“-Objektive auch am Digital-Sensor ihre gewohnte Leitung entfalten können. Der Bildsensor ist kein Film – es liegen nun neue optische Elemente im Strahlengang: Anti-Aliasing-Filter, UV-Filter, die winzigen Linsen auf den Halbleiter-Elementen (Pixel). Das muss idealerweise bei der Berechnung der Optiken nun berücksichtigt werden – und hat nun auch 1-2 Jahrzehnte gebraucht, um Stand der Technik zu werden. In vielen Fällen ist das Anti-Aliasing-Filter schon weggefallen.

Manche analoge Objektive haben weiterhin uneingeschränkt ihren Dienst getan – andere überhaupt nicht, oder mit gewissen Einschränkungen. Sehr flache Einfallswinkel der Lichtstrahlen auf den Sensor gehen gar nicht und manchmal gibt es offensichtlich Reflexionen zwischen Baugruppen, die den Kontrast stark beeinträchtigen können. Bei meinen Untersuchungen von historischen Objetiven an Digital-Systemkameras habe ich festgestellt, dass dies nicht vorherzusagen ist. „Try-and-error“ ist hier angesagt! Aber dass ein 15mm-Hologon-Objektiv an einem Vollformatsensor nicht funktioniert, kann man vorhersehen…

1959 – Nikon F – Hersteller: Nippon Kogaku K. K. , seit 1988: K.K. Nikon (Nikon Corporation). Konstruktionsleiter: Fuketa. Mechanische SLR-Kamera mit festem Prisma und F-Bajonett-Objektiv-Anschluss. Das Basis-Bajonett ist geometrisch bis heute unverändert (vorwärts/rückwärts-kompatibel) – funktional erweitert 1977: AI-Typ, 1982: AI-S. Auch bei Einführung des Autofokus entschied sich Nikon doch, das (im Durchmesser relativ kleine) Grundbajonett beizubehalten im Sinne ununterbrochener Kompatibilität. Ich persönlich sehe in dieser Entscheidung (die mich damals schon sehr gewundert hatte) einen der Gründe dafür, dass Nikon die Spitzenstellung schließlich doch im Markt an Canon verlor.

Nippon Kogaku wurde 1917 aus drei miteinander fusionierten Gesellschaften des Mitsubishi-Konzerns in Tokio gegrümdet: aus Teilen eines Messinstrumente-Herstellers, einem Glas-Hersteller und einer optischen Werkstatt (Mikroskope etc.) – Nikon ist noch heute Bestandteil des Mitsubishi-Konzerns. Von Anfang an, hat Nikon eine eigene Glasherstellung gehab, was ein großer technologischer Vorteil ist. Seit 1925 stellt Nikon Foto-Objektive her (50 Mio. Objektive bis 2009!), die seit 1932 bis heute Nikkor heißen. Der Name Nikon für die Kameras wird seit 1946 verwendet.

Die Nikon F enthielt gleichzeitig ALLE neuen technischen Features, die bis dahin bei SLR bekannt waren – was sonst bei keiner anderen SLR zu dieser Zeit der Fall war. Sie hatte bereits wie alle F-Nikons, bis auf F6 , Wechselsucher. Darüberhinaus bot sie ERSTMALS ein Sucherbild mit 100%! Nenneswerte Mängel hatte sie nicht. Mit dieser Ausstattung nach dem Stand der Technik sprach sie Professionals an und konnte 12 Jahre (+2 Jahre Weiterbau…) erfolgreich am Markt gehalten werden: 850.000 Exempl. bis 1974 (lt. Cameraquest).

1971 -Nachfolger Nikon F2 war die letzte rein mechanische Nikon – modernisiert und als modularen professionellen System vervollständigt – auch sie bleieb 9 Jahre am Markt.

1980 kam die Nikon F3 auf den Markt – sie wurde bis 2002 gebaut (22 Jahre!) und überlebte sogar ihre Nachfolgerin! – auch in Varianten (wie vorübergehend als Nikon F3 AF – 1983). Es ist schlechthin DIE legendäre Profi-SLR der Analog- und Vor-AF-Zeit. Spätestens  diese Kamera begründete den Status der Nikon-SLR als Profi-Werkzeug. Wesentlichste Änderung: die Belichtungsmeßzelle sitzt nicht mehr im Sucher, sondern nun in der Kamera hinter dem Spiegel.

1988 – Nikon F4 ist dann die erste vollwertige Nikon-Profi-SLR mit Autofokus – nach der Amateur-AF-Kamera F-501 von 1986. Gleichzeitig erschien 1988 die semi-Professionelle Nikon F-801. Auch bei der F4 gab es Varianten. Die Nikon F3 wurde 15 Jahre lang von den Profi-Fotografen weiter gekauft, die sich mit dem Autofokus nicht anfreunden wollten/konnten. Im Bereich der Belichtungsmessung bietet die F4 ein großes Bündel neuer Möglichkeiten.

Die zu geringe Autofokus-Geschwindigkeit bei der F4 kostete Nikon die Marktführerschaft im Profi-Segment, da Canon gleichzeitig mit der EOS-1 einen wesentlich schnelleren AF brachte (besonders wegen des Ultraschallantriebs der Objektive).

1996 wurde die F4 durch die legendäre Nikon F5 abgelöst, die zusammen mit Ultraschall-Fokusmotoren in den Objektiven wieder Marktanteile zurück holte.  Sie gilt als Höhepunkt der Kamerabau-Technik des analogen SLR-Zeitalters. Auf der F5 basierten die Umbauten von Kodak zu den ersten professionellen D-SLRs 1999-2001 (z.B. DCS 760).

Nikon F6 wurde 2004 eher unerwartet zu Beginnd es digitalen Zeitalters noch vorgestellt und ist die einzige analoge Profi-Kamera, die noch heute (2020) gebaut wird (im Amateur-Sektor nimmt wohl Zenit aus Russland diese Rolle ein).

Nikon D-SLR:

Wie bei Canon, gab es zunächst mit Digitalrückteil von Kodak modifizierte Varianten der professionellen F5 (1999 – 2001, DCS 620/660/760).

Nikon startete mit den professionellen Kameras Nikon D 1 und D 2 im APS-Format („DX“ d.h. 16 x 24 mm bei Nikon). Viele Sensoren wurden von Nikon selbst hergestellt. Das galt auch für das Amateur- und Semiprofessionelle Segment (D 100, D 50 etc.). Es wurde weiterhin das Nikon-F-Bajonett verwendet. Erst ab 2008 – mit der Nikon D 3X, D 700 – führte Nikon das digitale Vollformat 24x36mm ein. Die semiprofessionellen D-SLR mit hochauflösenden Sensoren (>36,3 MP – nun mit Sony-Sensoren) wurden mit der D 800-Baureihe ab 2012 gebaut – und damit für 2-3 Jahre wieder gegenüber Canon führend… bis 2015 zur Canon 5Ds/r.

Nikon spiegellose Systemkameras: Erst 2018 bringt Nikon mit der Z-Baureihe (und neuem Z-Bajonett wegen des kürzeren Auflagemaßes) eine spiegellose digitale Systemkamera (im Format 24x36mm) auf den Markt – führt aber die D-SLR-Baureihen (ebenso wie die analoge F6) weiter.

1959 – Yashica Pentamatic – Hersteller: Yashica; Mechanische SLR mit fest eingebautem Pentaprisma und proprietärem Objektiv-Bajonett (nicht das spätere C/Y-Baj.!) Firma wurde 1949 als Kamerahersteller gegründet und war zunächst bekannt für Leica-Kopien und TLR-Kameras.

1961 Penta-J jetzt mit M42-Gewinde

1966 TL Super

1968 TL Electro – erste SLR mit vollelektronischer Belichtungssteuerung.

1972 Kooperations-Vertrag mit Zeiss Ikon und F.A.Porsche, woraus ab 1974 die SLR-Baureihe Contax-RTS hervor ging, die Yashica baute. Weiter siehe oben bei Contax RTS! Danach führte Yashica das neue c/y-Bajonett auch bei den eigenen SLR-Modellen ein (ab FX-1).

Yashica wurde 1983 von Kyocera übernommen – die SLR-Fertigung wurde dort 2005 eingestellt.

1958/59 – Minolta SR-2/-1 – Hersteller: Chiyoda Kōgaku Seikō/ab 1962: Minolta Camera Company (gegründet 1928 – aber erst 1962 führt die Firma den Namen Minolta als Firmennamen!) SR-2 ist eine SLR mit fest eingbautem Prisma, Rückschwingspiegel und SR-Bajonett, das für alle non-AF-Kameras bis 1985 kompatibel bleiben wird.

1960 folgt SR-3 mit gekuppeltem Belichtungsmesser, 1965 die SR-7 . Zwischendurch brachte die Firma eine „Minolta ER“ heraus, mit Zentralverschluß, ähnlich der Contaflex II – ohne Nachfolger.

Der Aufstieg zum weltweit mengenmäßig größten SLR-Hersteller in den 70er Jahren begann 1966 mit der SR-T 101 – der ersten SRT mit Offenblenden-Meßtechnik und einem intelligenten Belichtungsmess-System.

Minolta fertigte Objektive (Bezeichnung: Rokkor) in hervorragender Qualität und immer wieder in innovativer Bauweise (z.B. das Zoom Rokkor 40-80mm f2.8 !) – schon seit den frühen 1940er Jahren verfügte Minolta über eine eigene Glasschmelze und führte bereits 1946 als erster Optik-Hersteller in Japan die Beschichtung ein!

1972 wurde eine Kooperation zwischen Minolta und Leitz vereinbart. Aus dieser Zusammenarbeit ging 1976 die Leica R3 hervor (im Wesentlichen auf Basis der Minolta XE).

Außerdem übernahm Leitz mehrere Minolta Objektiv-Designs: 24mm f2.8, Fisheye 16mm f2.8, 35-70mm f3.5 und 70-210mm f4.

1977 folgte die XM-/XD-/XE-/XG-Baureihe mit der sich Minolta (nach der XM!) konsequent wieder dem Amateur-Segment zuwendete.

Minolta X-700 bedeutete 1981 den Schritt zu elektronisch kontrolliertem Verschluss mit TTL-Belichtungskontrolle durch das vom Film reflektierte Licht  (auch TTL-Blitz ermöglichend) – was Olympus schon mit der OM-2N früher eingeführt hatte. Wie üblich folgten viele Modellvarianten (X-300, 300S, 300N, 370, 500, 570 and 600. The X-500) – besonders preiswertere. In dieser Zeit ließ Minolta erstmals billige Modelle in China herstellen.

1985 brachte Minolta die erste Autofocus-SLR mit Gehäuse-gestütztem AF-Antrieb in Großserie auf den Markt, die Minolta 7000/9000 AF – und soll in der Folge wieder einige Jahre der mengenmäßig größte SLR-Hersteller der Welt gewesen sein.

Mit den folgendenAF-SLR Baureihen Dynax 7/9 xi (1992) und 7/9/9Ti und 800si zog immer mehr Automatisierung und elektronische Steuerung in die Kameras ein.

2003 fusionierte Minolta mit Konica zu Konica Minolta.

Die großen Erfolge der frühen AF-SLR-Zeit hatten bei Minolta allerdings auch eine Kehrseite: Honeywell klagte gegen Minolta wegen Patentverletzung durch das Minolta-AF-System. Nach Jahren gewann Honeywell den Prozess und  Minolta mußte 1991 über 127 Mio. Dollar Lizenzen nachzahlen. Das war vor allem deshalb tragisch, weil Minolta glaubte, durch ein von Leica erworbenes AF-Patent aus den 70er Jahren abgesichert zu sein. (Leica meinte, dass ein Leica-Fotograf sowas nicht brauche…. und hat konsequent nie eine AF-SLR gebaut!) Der Lizenz-Fall hat Minolta massiv finanziell geschwächt. Dies wurde durch eine weiteren Fehlentscheidung verschärft: Minolta investierte Massiv in das APS-System (im Vertrauen auf Kodaks Macht, das durchzusetzen) anstatt in Digitale Fotografie (die dann ihrerseits dazu beitrug, das APS sich nicht mehr durchsetzen konnte!).

2004 und 2005 kamen die beiden ersten D-SLR-Kameras von Minolta auf den Markt: Konica Minolta Dynax 7D und 5D. (6 MP) Die Bildqualität der 7D war ausgezeichnet. Nur die Fujifilm Finepix S3 Pro war (CCD – auch mit 6 MP) damals nach meiner Erfahrung noch etwas besser, sie hatte allerdings zwei Photodioden je Pixel.

2006 stellte Konica Minolta die Kameraproduktion ein – die digitale Fotosparte wurde an SONY verkauft. Einige der ausgezeichneten Minolta AF-Optiken (A-Mount, der von Sony für D-SLR übernommen wurde) wurden von Sony optisch unverändert  bis weit in die 2010er Jahre Geliefert.

1962/63 – Fujicarex II – Hersteller: Fuji Foto Optical; Festes Prisma, Rückschwingspiegel und Zentralverschluss (Copal) – mit wechselbarem Objektiv-Vorderteil. Ähnlich Contaflex III.

Firma wurde 1934 gegründet für Filmmaterial. 2006 umbenannt in „Fujifilm„.

1971 folgte die Fujica ST701 mit Wechselobjektiv-Anschluss M42, festem Pentaprisma und weltweit erstmals mit der schnellen Si-Photo-Diode.

1979 Umstellung auf X-Mount-Bajonett-Anschluß – STX-1. „Fujinon“ baute ein renommiertes Zuliefergeschäft hochwertiger Foto-Objektive an andere Kamerahersteller auf (z.B. Hasselblad).

In 2000 bis 2006 trat Fuji mit der Marke „FinePix“ mit einigen sehr hochwertigen D-SLR-Kameras auf, deren Kameragehäuse auf Nikon-Modellen (N80/F80) basierten: S1 Pro, S2 Pro, S3 Pro und S5 Pro, die auf speziellen Sensoren mit bis zu 12,34 MP basierten. Ich besaß die S3 Pro und sie hatte meiner Meinung nach die beste Farbwiedergabe aller D-SLR jener Periode.

Nachhaltig große Bedeutung erlangt Fujifilm erst wieder seit den 2010er Jahren mit spiegellosen Systemkameras (APS-C und Mittelformat-Sensoren).

1963 – Olympus Pen F/FT – Hersteller: Olympus Optical; Konstrukteur Yoshihisa MAITANI (1933 – 2009). Pen F war eine  Halbformat-SLR mit fest eingebautem Porro-Prisma und Rotationsverschluß und entwickelte sich weltweit zum „coolen“ Statussymbol für die jüngere Generation – klein und sehr chic aber eine Zehnerpotenz billiger als die Leica – ich habe auch mal davon geträumt…

Olympus – 1919 zur Herstellung von Mikroskopen und Thermometern gegründet trägt erst seit 1949 den Namen „Olympus“ (Achtung: Globalisierung! – vorher trug die Firma den Namen des japanischen Götterberges „Takachiho“…) – ab 1963 ist es in Europa aktiv (Hamburg).

1972 wurde die ebenfalls von Maitani entwickelte professionelle Systemkamera OM1 vorgestellt. Maitani hatte jahrelang systematische Konstruktionsanalysen durchgeführt zur Realisierung einer möglichst kompakten SLR – was ihm mit großem Erfolg gelang. In dem Interview in dem folgenden Link (am Ende des Textes) beschreibt Maitani sehr eindrucksvoll seine Entwicklungs-Philosophie:

http://olympus.dementix.org/eSIF/om-sif/concepts.htm.

Die OM-2N war 1977 die erste SLR-Kamera, in der die Belichtung direkt über das von der Filmoberfläche reflektierte Licht geregelt wurde – was bei Minolta erst 1981 mit der X-700 genutzt wurde.

Es folgten OM-2 ab 1975, OM-100 ab 1978, OM-3 und OM-4 ab 1983, OM-4Ti ab 1987, OM-3TI ab 1995. Das OM-System wurde 2002 eingestellt. Zwischendurch hatte Olympus versucht eine Autofukus-SLR zu etablieren (OM-707) – aber zu halbherzig: das Projekt floppte, sodaß die analoge SLR von Olympus 2003 verschwand.

Die Objektive der OM-Baureihe waren sehr kompakt, lichtstark und hatten sehr gute Qualität – viele Objektive gewannen Kult-Status, z.B. das legendäre 180mm f2.0 („The holy Grail“).

Schließlich startete Olympus 2003 (mit Kodak, Leica und Panasonic zusammen) eine digitale SLR-Baureihe für das FourThirds-Sensoren-Format (Bildkreis-Durchmesser 21,63mm): die digitale E-System: E-1 (5 MP), E-3 (8 MP), E-5 (12 MP). Natürlich dann mit Autofokus!

Diese letzten echten SLR-Kameras von Olympus hatten höchstes professionelles Niveau.

Ab 2009 stellte Olympus auf das Micro-FourThirds-System um, das waren keine SLR mehr, sondern spiegellose Systemkameras mit dem gleichen Bildkreis und Sensorformat und kürzerem Auflagemaß.

1964 – Seagul Reflex DF – Hersteller: Shanghai Camera Factory, China. Mechanische, manuell fokussierte SLR als Nachbau von Minolta SLR mit Minolta SR-Bajonett. Keine eigenen Innovationen. In einem Wikipedia-Artikel werden 25 verschiedene Modelle aufgeführt – eines führ sogar den offiziellen Minolta Typ (-102b) im Namen. Stückzahlen und Stand heute sind mir nicht bekannt – 1999 sollen aber 600.000 Kameras (aller Arten – nicht nur SLR) produziert worden sein – insgesamt seit Firmengründung 1958 über 20 Millionen.

1965 – Konica Auto S -Hersteller: Konishiroku Photo Industry Co. (ab 1987 Konica Corporation – 2003 Fusion mit Minolta zur „Konica Minolta“ ). Konica ist quasi die „japanische Kodak“ – 1873 zur Herstellung von Kinofilm gegründet. Seit 1903 Fotopapier, seit 1929 fotografische Filme. Kameraherstellung seit 1882, seit 1948 35mm-Kameras.

1968 – erste SLR mit TTL-Belichtungsautomatik (Konica Autoreflex 35mm FTA) und 1975 erste SLR mit eingebautem Motor.

(Weiterhin bemerkenswert: 1992 brachte Konica entgegen dem allgemeinen Trend wieder eine Meßsucherkamera heraus: die Hexar war damals die leiseste Kleinbildkamera – gefolgt 2003 von der Hexar RF, meiner Meinung nach, die beste Leica-M, die je gebaut wurde!)

1970 – RICOH TLS-401 – Hersteller: RICOH. Eine SLR mit fest eingebautem Prisma und M42-Objektiv-Anschluß nach dem Stand der damaligen Technik.

Ab 1979 wurde die KR-, danach die XR-Familie mit Pentax K-Bajonett eingeführt – 1995 kam das letzte Modell auf den Markt. Ricoh hatte 1938 mit Kleinbild-Kameras angefangen (M39), übernahm 2011 aber schließlich Pentax! – nach dem Muster: die kaufmännisch erfolgreiche Firma übernimmt den jahrzehntelangen Innovator…

1974 – Cosina Hi-Lite EC – Gegründet 1959 – ab 1973 in Cosina umbenannt. Die erste SLR hatte M42-Anschluß.

Cosina stellt bis heute Objektive und auch (Meßsucher-)Kameras her. Seinerzeit Zulieferer für 3rd Party Objektive, aber auch Zeiss und stellte für viele renommierte SLR-Hersteller die Modelle im untersten Preissegment her. In Deutschland stark vertreten mit Modellen der Handels-Marken REVUE und PORST

1979 mit der Cosina CT-1 der Wechsel zum K-Bajonett.

1980 mit der Cosina CS 3 auch elektronisch gesteuerte Kameras.

ab 1999 werden hochwertige Kameras und Optiken unter der Marke VOIGTLÄNDER entwickelt und produziert – allerdings bis auf eine Ausnahme (ein an Topcon-angelehnter SLR-Nachbau) RF-Kameras.

Eine kurze Schlußbemerkung:

Wenn man sich die Gesamt-Entwicklung der SLR-Technik bis heute (2020) ansieht, so muss man feststellen, dass letzlich nur die Unternehmen nachhaltig zu dauerhafter Größe kommen konnten, die SOWOHL Kameras ALS AUCH Objektive herstellten. (Siehe: Nikon, Canon, Sony in Nachfolge Minolta, Fujifilm, Olympus, Pentax.)