Vor knapp 9 Jahren, 2016, erschien mein Artikel „Die ERNOSTAR-Objektive – Geniestreich eines 23-jährigen?“ als erster Beitrag in diesem Blog. So gesehen geht die Existenz dieses Blogs „fotosaurier.de“ quasi unmittelbar auf das Wirken L. Berteles zurück! Ich bezog mich auf dem Zeitstrahl damals auf das Alter Berteles zum Zeitpunkt der Markteinführung des ERNOSTAR-Objetives (Herbst 1924).

Ich hätte auch schreiben können: „… Geniestreich eines 20-jährigen.“ Denn der am 25.12.1900 geborene, junge Optikrechner hatte seine Ideen für ein lichtstarkes Foto-Objektiv bereits im Oktober 2021 hinterlegt (Prioritätsdatum im GB-Patent !) – während die Ernemann-Patentanmeldung (ohne Erfinder-Nennung) von 1922 datiert. 1923 kamen dann Ermanox-Kamera und das erste ERNOSTAR 10cm f/2.0 auf den Markt. Am 5.10.1925 erschien schließlich eine Publikation von Bertele zu seiner Optik-Innovation „Ernostar 1:1,8 und 1:2,0“ in der „Central-Zeitung für Optik und Mechanik“. Das ist der 100-jährige Zeitpunkt, auf den ich mich hier und heute willkürlich (aber immerhin belegbar) festgelegt habe. Zu diesem Zeitpunkt war bereits eine Vielzahl von Varianten und Modifikationen der Optik entstanden, geprüft und zum Teil auch heraus gebracht worden – z.B. das 85mm 1:1,8 in 1925.
FYI: I sell this lens now – look at this link, if you are interested: https://www.ebay.de/itm/146918733234 .
100+ Jahre Ernostar
Somit wären über diesem Artikel hier auch die Überschriften „104 Jahre Ernostar“ oder „101 Jahre Ernostar“ gerechtfertigt … wenn ich den Zeitpunkt der ersten patentrechtlichen Beurkundung oder der Markteinführung gewählt hätte.
Firma Ernemann war Ende 1925 immerhin noch eine bedeutende selbständige Weltfirma für Still-Kameras und Film-Projektoren in Dresden (die Silhouette des turmförmigen Ernemann-Firmengebäudes wurde später als Logo der DDR-PENTACON-Marke gewählt …). Ein höchst innovatives Familienunternehmen.

Ein Jahr nach meinem Bertele-Ernostar-Blogbeitrag erschien (2017) ein Buch über Ludwig Bertele als Mensch und sein Wirken als Ingenieur, verfasst von dessen Sohn Erhard Bertele /1/. Dies empfehlenswerte Buch enthebt uns der Aufgabe, die biografischen und beruflichen Aspekte des Ludwig Bertele hier zu vertiefen. Allerdings bleiben trotz der familiären Nähe des Autors zum Protagonisten einige Fragen offen – wie der Autor auch frei bekennt … eben das uralte „Vater und Sohn“-Thema: als der Sohn schließlich erkennt, welcher Gigant sein Vater in seinem Arbeitsbereich war, kann er ihn nicht mehr fragen!
Inzwischen ist darüber hinaus ein extrem detaillierter Artikel über die Ernostar- und Sonnar-Objektive von Marco Kröger im großartigen Blog https://zeissikonveb.de/start/objektive/normalobjektive/sonnar.html /2/ erschienen.
Der umfangreiche Blog-Artikel Maco Krögers erlaubt es, das Wirken dieses Mannes in der geometrischen Optik für die Firmen Ernemann und Zeiss-Ikon detailliert nachzuvollziehen: von den ersten Ernostar-Entwürfen des noch nicht einmal volljährigen Autodidakten über das Sonnar bis zum Biogon. Es ist eine Hymne auf das frühe Schaffen Berteles (14 Jahre bei Zeiss Ikon) – aus meiner Sicht neben Pierre Angénieux eines der beiden dominierenden Genies der Foto- und Film-Optik des 20. Jahrhunderts.
Auf die sehr speziellen Aspekte der Verbindung Ludwig Berteles mit Zeiss Ikon werde ich in einem zweiten Artikel eingehen. Schon 1926 ging Ernemann unternehmerisch in der vom Zeiss-Konzern beherrschten „Zeiss Ikon A.G.“ unter. Die Zeiss Ikon war eine Kartellbildung zur Unzeit: sie zerstörte den Wettbewerb unter deutschen Kameraherstellern zur Zeit des technischen Aufstiegs und der Blüte einer neuen Produktgattung. Was als Spätfolge meines Erachtens zum Untergang dieser Industrie in Deutschland in den 1970er Jahren wesentlich beitrug.
Dem Ernostar-Objektiv in dieser ursprünglichen Form und mit diesem Namen (der von Zeiss später nicht weiter gepflegt wurde …) ist nur eine kurze Lebenszeit am Markt vergönnt gewesen, da es zunächst für Plattenkameras (z.T. noch mit Filmpack) konzipiert war – und dieser Kameratyp mit dem Aufstieg der Kleinbildkamera (Leica zuerst!) nach 1926 zügig vom Markt verschwanden.
Daher sind Objektive mit dem Namen „Ernostar“ selten. Das ursprünglich so benannte und von Bertele erfundene Ernostar-Linsenschema hat aber seine Bedeutung bis heute erhalten und ist immer noch präsent. Den Namen ließ Zeiss wohl bewusst untergehen, weil er an die „alte“ Familienfirma Ernemann erinnerte.
Ludwig Bertele hat seiner Innovations-Freude keine Pause gegönnt und hat schon 1929 – dann als Zeiss-Mitarbeiter – den nächsten „Coup“ gelandet: die Weiterentwicklung des Ernostar zum „Sonnar“. Dieser Markenname wird von Carl Zeiss bis heute sorgfältig gepflegt – egal welches Linsenschema sich dahinter wirklich verbirgt … Dem Nutzer kann das egal sein, wenn das Ergebnis exzellent ist – wie es in diesem Falle zutrifft!
Zum Linsenaufbau, dessen technischen Hintergründen und die Weiterentwicklung zum Sonnar verweise ich noch einmal ausdrücklich auf den Artikel von Marco Kröger (Link s.o.)
Die optischen Eigenschaften des Ernostar 10cm f/2.0 im Analog-Kleinbildformat
Es ist ja bekannt, dass die ERMANOX-Kamera, aus der diese Optik stammt mit dem Negativ-Format 4,5 x 6 cm (Platten/Planfilme) arbeitete, an dem sie eine Normalbrennweite war – noch vor dem Erscheinen der Leica mit 24 x 36 mm.
Da die optische Konstruktion aber quasi die Mutter einer Generation von bedeutenden Ernostar- und Sonnar-Kleinbildobjektiven wurde, halte ich es durchaus für gerechtfertigt, hier die optischen Eigenschaften des Objektivs auf dem Kleinbildformat 24×36 (35 mm-Film) zu betrachten. Hätte Herr Bertele damals die Aufgabe gehabt, das Objektiv für das Kleinbildformat zu berechnen, wäre die Konstruktion im Detail sicher etwas anders ausgefallen – und die Leistung der Optik wohl noch besser!
Vor genau 2 Jahren habe ich in meinem Artikel https://fotosaurier.de/wp-admin/post.php?post=2657&action=edit detailliert beschrieben, wie ich die Verwendung der Imatest-Software auf Analog-Film erschlossen habe.
Hier das Ergebnis der Auflösungsmessung auf Analog-Film Agfa APX100:
Dies ist die Kamera-Objektiv-Konstellation:

center, part way (30-76%), corner (>76%) bei allen Blenden – Quelle: fotosaurier
Das folgende Diagramm zeigt die Auflösung (d.h. den MTF30-Wert!) im Bild-Zentrum (innerhalb 30%, grün), den äußersten Ecken (außerhalb des 75% Bildkreis-Radius, gelb) und der größten Zone des Bildes zwischen Zentrum und Ecke, die bei IMATEST „part way“ genannt wird (graue Linie):

center, part way (30-76%), corner (>76%) bei allen Blenden – Quelle: fotosaurier
Die blaue Linie zeigt den (konstanten) Wert der „Nyquist Frequenz“ für diese Meßsituation, d.h. die nominelle Auflösung des Scan-Sensors in dem reflecta Film Scanner „RPS 10M“. Der Messwert LP/PH des MTF30-Auflösungswertes bedeutet „Linienpaare je Bildhöhe“ (engl. „picture height=PH“). Die Nyquist Frequenz entspricht der halben Zahl der Pixel in der Bildhöhe (die hier konkret 4518 Pixel betrug).
Der mit 5.000 dpi gescannte Schwarz-Weiß-Film entspricht in der digitalen Auflösung einem Sensor mit 32-34 Megapixeln – hat also linear (je Achse) zwei Drittel der Auflösung des 60 MP-Sony-Sensors in der Sony A7R4.
Man sieht in allen Bildbereichen selbst nach heutigen Maßstäben gute (Offenblende f/2.0 und f/2.8) bis exzellente Auflösungswerte. Nach dem Anstieg auf die höchste Mittenauflösung bei f/4.0 ist die Schärfe im ganzen Bild über alle Blenden weitgehend konstant – mit sehr geringem beugungsbedingtem Schärfe-Abfall oberhalb der Blende 11. Der Wert von ca. 800 LP/PH in den Ecken bei f/2.0 gilt auch in den 1950er und 1960er Jahren noch als normal.
Das folgende Diagramm zeigt den Hell-Dunkel-Übergang (Kantenschärfe) in der Bildmitte des Ernostar bei Blende 2,8:

In der Legende des „Edge profile“ ist zu lesen, dass die Pixelgröße, des Scanners 5,08µ beträgt. Die Breite des Übergangs von 10% zu 90% Schwärzung („rise“) lt. Diagramm ist hier 1,47 Pixel, entsprechend 7,5µ. Das entspricht gerade etwa der Dicke der Filmemulsion des APX100-Filmes!
Die untere Kurve ist die MTF-Funktion. Beide Kurven zeigen, dass das Bild sowohl analog als auch digital sehr zurückhaltend geschärft wurde.
Wir müssen uns hier klar machen, dass es sich um ein sechslinsiges Objektiv (4 Glieder – ein Cooke Triplet mit aufgespaltener Frontlinse!) OHNE VERGÜTUNG handelt. In den großen Frontlinsen waren damals damals noch unvermeidlich LUFTBLASEN eingeschlossen! Wir stehen damit direkt vor der Schwelle der großen Erfolgsgeschichte der Kleinbildkamera ab 1926, die von Konstruktionen wie dem Ernostar und seiner Folgeentwicklung Sonnar entscheidend beeinflußt wurde.

Folgend stelle ich dem Ergebnis auf Analog-Film die Auflösungsmessungen an vier verschiedenen Digital-Sensoren gegenüber:
Im Vergleich der Kurven sollten Sie sich auf die blaue Referenzlinie (entsprechend der Nyquist Frequenz) konzentrieren, die bei dem Analog-Vergleich der Auflösungsfähigkeit des Sensors im Scanner entspricht. Um den visuellen Eindruck vergleichbar zu erhalten, habe ich immer die gleiche Auflösungs-Spanne auf der y-Achse mit 4.000 LP/PH beibehalten.
a) Sony A7R2 – 42 MP, Nyquist Frequenz 26528 LP/PH (blaue Linie):

center, part way (30-76%), corner (>76%) bei allen Blenden – Quelle: fotosaurier
Als ich das Ernostar erwarb (2017) war es mit einem M39-Gewinde versehen und die Sony A7R2 mit 42 MP war meine höchstauflösende Digitalkamera – die sehr spezielle Gegenlichtblende bastelte ich aus einem Yoghurtbecher!
Ab 2019 war ich dann in der Lage Auflösungen mit IMATEST zu messen, hier zunächst mit der 42 MP-Sony A7R2:

center, part way (30-76%), corner (>76%) bei allen Blenden – Quelle: fotosaurier
Im Zentrum liegt die Auflösung gleichmäßig und konstant ca. 10% über der Auflösung auf Analog-Film. In der Ecke bei Offenblende allerdings nur bei 1/3 des Analog-Wertes! Wir werden sehen, dass dies das größte Problem beim Einsatz des Ernostar (und vieler anderer historischer Objektive!) an Digitalsensoren ist.
b) Sony A7R4 – 60 MP, Nyquist Frequenz 3.168 LP/PH (blaue Linie):

center, part way (30-76%), corner (>76%) bei allen Blenden – Quelle: fotosaurier
Das Ernostar wurde 2017 auf ALPA umgerüstet – wie das ablief, beschreibe ich im vorletzten Abschnitt zum Ende dieses Artikel.
Nun die entsprechende Auflösungsmessung an der 60 MP-Sony-Kamera A7R4:

center, part way (30-76%), corner (>76%) bei allen Blenden – Quelle: fotosaurier
In der Bildmitte erreicht das Ernostar hier tatsächlich die volle Nyquist-Auflösung, obwohl ich alle Schärfungsparameter in der Kamera stets bei „Null“ einstellte. Umso drastischer wirkt der Schärfenabfall zur Ecke! Das ist fast genauso schwach wie bei der A7R2 (ca. 60% des Analog-Wertes) und kommt auch nur sehr langsam bei Abblenden hoch. Ebenfalls sehr drastisch der Abfall oberhalb f/11 – hier sogar auch bei den part way- und corner-Werten.
Dieses Bild – flaue Ecken bei Offenblenden und starker Beugungsabfall oberhalb f/11 ist für viele Objektive an der A7R4 leider typisch. Diese Ergebnisse waren für mich ein starker Antrieb dafür, die IMATEST-Messung auf die Analog-Film-Aufnahmen zu übertragen.
Nach der Messung von über 150 historischen und modernen Objektiven – teilweise auch mit Digitalkameras wie Leica M11, Nikon Z7 II und Fujifilm X-H2 kann ich sagen, dass jede Objektiv-Digitalsensor-Kombination eigene Ergebnisse und Artefakte erzeugt. Eine universelle „Archivierung“ der optischen Performance historischer Optiken mittels eines kommerziell verfügbaren Digitalsensors ist nach diesen Erkenntnissen nicht möglich.
Es gibt allerdings auch einige historische, für analoge Filme gerechnete Optiken, die sich am Digitalsensor gleich gut – oder noch perfekter – verhalten.
Die Übertragung der IMATEST-Methode auf Analog Film ist möglich aber extrem arbeitsintensiv, so dass das nicht in der Breite der vielen historischen Objektive leistbar ist – ich habe das mit meinen Möglichkeiten an einigen Highlights versucht und werde das laufend weiter veröffentlichen.
c) Nikon Z7 II – 45 MP, Nyquist Frequenz 2.752 LP/PH (blaue Linie):
Die Messungen an der Nikon Z7 II habe ich mit einer gemieteten Kamera durchgeführt. Das Ernostar mit ALPA-Bajonett wurde mit einem URTH-Adapter angeschlossen. Hier das Auflösungsergebnis

center, part way (30-76%), corner (>76%) bei allen Blenden – Quelle: fotosaurier
Die Nikon Z7 II liegt in den Daten sehr nahe bei der Sony A7R2. Sie hat einen deutlich dünneren Filter-Stack vor dem Sensor und benutzt einen Schärfungsalgorithmus, der den Kontrast bei niedrigen Frequenzen sehr stark (um nicht zu sagen brutal!) erhöht, dafür aber die MTF30 drastisch unterhalb der Nyquist Frequenz hält.
Hier ein Vergleichsbild der Hell-Dunkel-Übergänge mit Ernostar bei f/2.8 an der Sony (links) und der Nikon Z (rechts):

Hier sieht man bei zwei Digitalsensoren , die – lt. Angabe! – beide kein Tiefpassfilter (bzw. Antialiasing-Filter) benutzen, dramatische Unterschiede in den Schärfungs-Algorithmen. So wie die Sony A7R4 gehen alle anderen Digitalkamera-Hersteller, die ich untersucht habe, mit der Schärfung am Hell-Dunkel-Übergang um (auch Leica M11 und alle Fujifilm-Kameras – sowohl X- als auch G-Reihe). Nikon überhöht den Kontrast unter 1.500 LP/PH dramatisch und zwingt den Kontrast gleichzeitig exakt (unabhängig von der Optik!) bei der Nyquist Frequenz in ein enges Minimum (sehr oft bis fast Null!), sodaß die MTF30-Auswertung stets einen MTF30-Wert kleiner als die Nyquist Frequenz ergibt. In manchen Fällen steigt bei höheren Frequenzen der Kontrast wieder über 30% (was Imatest in der Auswertung nicht berücksichtigt). Mir scheint dies eine Art „Software-Anti-Aliasing-Filter“ zu sein. Ich konnte bisher nicht herausfinden, was es für die Bild-Wirkung bedeutet, wenn der Kontrast (MTF) in den Frequenzen zwischen ca. 2.500 und 3.500 so stark gedämpft wird.
In den Ecken wird abgeblendet eine ähnlich hohe Auflösung erreicht wie auf Analog-Film (bei gleich niedrigem Offenblenden-Wert wie an der A7R4).
Die Chromatisch Aberration ist an diesem Sensor der Z7 II gemessen praktisch Null (der dünnste Filtersack aller geprüften Digitalkameras).
Übrigens liegt die Sony A7R2 in der MTF-Kurve näher bei dem Verlauf der Nikon Z7 – aber bei weitem nicht so extrem.
Die Auflösung der Z7 II zeigt außerdem den gleichen dramatischen Absturz der Auflösung bei Abblendung oberhalb Bl.11 wie die A7R4.
Über das eigenartige Schärfungsverhalten der Nikon Z7 II habe ich schon einmal in meinem Artikel https://fotosaurier.de/wp-admin/post.php?post=2632&action=edit in Zusammenhang mit dem Voigtländer Ultron 35mm f/1.7 ausführlich geschrieben
d) Fujifilm X-H2 – 40 MP, APS-C Format (23,4×15,6 mm) mit „Speed Booster ULTRA“ (metabones) Nyquist Frequenz 2.576 LP/PH (blaue Linie):

center, part way (30-76%), corner (>76%) bei allen Blenden – Quelle: fotosaurier
Wissen Sie, was ein sogenannter „Speed Booster“ ist? Das System kommt – wie eigentlich alles! – aus dem Instrumentenkasten der Astronomie: dort heißt es „Reducer“. Das Linsensystem reduziert die Brennweite der Basisoptik, hinter die es gesetzt wird – in diesem Falle mit dem Faktor ca. 0,7. Bei gleicher geometrischer Öffnung der Basis-Optik bedeutet das gleichzeitig, dass das kombinierte System eine um eine Blende höhere Lichtstärke besitzt – Ernostar 1:2 + Speed Booster haben jetzt bei voller Öffnung die geometrische Blende 1:1,4 !
Was mich aber zum Speed Booster gebracht hat ist der gleichzeitige geometrische Effekt, dass das Bildfeld der Basis-Optik verkleinert wird während der Bildwinkel erhalten bleibt – so dass der volle ursprüngliche Bildwinkel des Objektivs wie im Kleinbildformat nun auf einen APS-Sensor passt! Ohne den „Booster/Reducer“ würde man mit der APS-Kamera nur einen zentralen Bildausschnitt des Ernostar auf dem Sensor erfassen.
Der kritische Zeitgenosse fragt sich natürlich sofort: na toll – aber die optische Qualität? Das ist ja eine erhebliche „Vergewaltigung“ des Strahlenganges!? Spiegelt das Ergebnis noch die Qualität des ursprünglichen Objektivs wider?
Da ich seit vielen Jahren Erfahrungen mit den „Speed Boosters ULTRA“ von metabones habe, kann ich generell sagen, dass das Prinzip tatsächlich überraschend gut funktioniert – allerdings nur mit dieser zweiten Generation der Speed Booster („ULTRA“ genannt und sechs-linsig) – mit anderen Produkten habe ich weniger gute Erfahrungen gemacht.
Der Kontrast der Optiken ist in der Kombination Objektiv + Speed Booster erhöht – was sich auch an den Auflösungskurven bestätigt zeigt:

Die Kontrasterhöhung zeigt sich nicht nur in der Bildmitte (grüne Linie) sondern auch deutlich in den Ecken (gelb), wo diese Kombination beim Abblenden wesentlich höhere Auflösungswerte erzielt als an der Sony A7R4 (trotz der geringeren Pixelzahl von 40 MP).
Die Chromatisch Aberration ist mit dem Speed Booster an der X-H2 sehr gering und nur etwa halb so groß (0,2 Pixel) wie an den Sony-Digitalkameras (0,5 Pixel). Das ist ein weiterer Hinweis auf die ausgezeichnete Qualität des „Reducers“.
Auch an der MTF-Kurve am Hell-Dunkel-Übergang kann man die kontraststeigernde Wirkung des Speed-Boosters deutlich erkennen:

In der Legende des „Edge profile“ kann man lesen, dass die Pixelgröße des Fujifilm X-H2-Sensors 3,04 µ beträgt. Der Anstieg im Hell-Dunkel-Übergang beträgt laut Grafik 1,04 Pixel ! D.h. dass die Anstiegsbreite hier im Bildzentrum gerade 3,2 µ breit war. Man sieht also, dass wir hier in ultra-präzisen mechanischen und optischen Regionen unterwegs sind!
Zusammenfassung und Schlussfolgerung
Das Resultat meiner Untersuchungen fasse ich folgendermaßen kurz zusammen:
Für mich ist es begeisternd zu sehen, dass der junge Bertele bereits mit seinem ersten Entwurf eines derartigen lichtstarken Objektivs auch qualitativ derartig gute Ergebnisse erzielt hat!
Das Auflösungsvermögen des Ernostar 10cm 1:2 liegt im Kleinbildformat auf Analog-Film auf dem Niveau sehr guter moderner Optiken (gut bei Offenblende, exzellent ab f/4.0). Trotz der fehlenden Vergütung und der hohen Lichtstärke ist der Kontrast sehr gut und die Verzeichnung mit 0,4-0,6% gemessen noch gering. (Wahrscheinlich ist sie über das ganze Format 4,5×6 cm gemessen , für das es bestimmt war, höher.) Die Chromatische Aberration konnte ich auf dem Schwarzweiß-Film analog ja nicht messen. Allerdings geht sie natürlich in das Schärfe-Ergebnis mit ein.
An den Digitalsensoren gemessen ist die CA gering (0,5 Pixel) – und an dem Nikon-Sensor mit dem dünneren Filterstack ist sie praktisch Null! An der Fujifilm-Kamera mit Speed-Booster liegt die CA genau dazwischen (0,2 Pixel).
In der extrem geringen Auflösung in den äußeren Ecken des KB-Bildfeldes liegt die wesentliche Einschränkung zur Nutzung dieser historischen Optik – was bei vielen Anwendungen möglicherweise aber nicht stört.
Das beste Ergebnis habe ich eindeutig mit dem Speed Booster an der Fujifilm X-H2 erzielt, wo auch die Eckenauflösung bei Offenblende bereits in einem brauchbaren Bereich liegt (wenn auch deutlich geringer als auf Analog-Film).
Der Umbau meines Ernostar-Objektivs auf die Nutzung an Spiegelreflex- und Mirrorless-Kameras:
Mein Exemplar des Ernostar-Objektivs 100mm 1:2,0 …
… erwarb ich 2016 in hervorragendem Zustand ohne die Ermanox-Kamera. Mit seiner Serien-Nr. 150 197 ist es das dritt-früheste in Bezug auf die bei Auktionen aufgetauchten und dokumentierten Objektive (s. https://camera-wiki.org/wiki/Ermanox ) Es war kameraseitig mit einem M39-Gewinde an dem massiven Metalllzylinder versehen worden, in den die Original-Optik eingelassen ist.
Hier sieht man es über den M39/LM-Adapter angeschlossen an der Konica HR:

In dieser „Konstellation“ – hochlichtstarke 100mm-Brennweite ohne Fokussierkoppelung an den Mischbildentfernungsmesser – gab das fotografier-praktisch natürlich keinen Sinn. Ich habe einzelne analoge Vergleichs-Bilder dadurch machen können, indem ich die Ernostar-Optik über einen präzisen „NEXLEI“-Adapter von Novoflex an der Sony A7R4 in der höchsten Fokussiervergrößerung (12x) scharf stellte und dann das fokussierte Objektiv auf die Sucherkamera umsetzte.
Dabei konnte ich immerhin feststellen, dass das Objektiv schon bei voller Öffnung in der Bildmitte mit dem 90mm f2.0 Apo-Summicron mithalten kann. Das machte mich neugierig.
Ich konnte dieses Objektiv auch schon mit dem NEXLEI-Adapter direkt an der Sony A7RII untersuchen. Da ich inzwischen IMATEST für die Auflösungs-Messung verwenden konnte, erkannte ich, dass am Digitalsensor die Bildmitte tatsächlich überragend ist und 80% der „nativen“ Nyquist-Frequenz (NyFr) des Sensors (2.652 LP/PH) erreicht – aber in den Bildecken stürzt die Auflösung an der 42 MP-Sony-Kamera auf ca. 360 LP/PH ab.
Da ich zufällig den Autofocus-Adapter von TECHART für M-Objektive an E-Mount besaß, konnte ich auch damit Versuche machen:


Das funktionierte technisch gut, die Autofokus-Scharfeinstellung im Adapter war sehr präzise – allerdings wäre der filigrane Adapter mit Sicherheit durch das extrem schwere Objektiv (1.290 gr) auf Dauer überfordert gewesen.
Das größte Hindernis sah ich aber in dem dramatischen Schärfenabfall (auch nach Abblenden!) zu den Rändern und Ecken.
Das folgende Bild zeigt die dramatische Abnahme der Auflösung vom Bildzentrum zur Bildecke (Aufnahme mit Sony A7R2 am 05.12.2018):

Kurz danach stieg ich auf die A7R4 mit 60,2 MP-Sensor um. Damit war das Ecken-Problem im Grunde noch dramatischer.
Schwer vorstellbar, dass dies die konstruktionsbedingten Eigenschaften dieser Optik sein sollten.
Der erste Schritt musste die Nutzung des Ernostar-Objektivs an einer Analog-Spiegelreflex-Kamera sein – der zweite würde dann beinhalten, dass die Auflösung auf einem Analog-Negativ gemessen werden sollte.
Wie ich das gemacht habe, beschreibe ich im Folgenden:
Zum 1. Schritt habe ich zunächst den Abstand des Scheitelpunktes der hintersten Linse von der Filmebene analysiert. Die Analyse ergab, dass nur ein einziges Spiegelreflex-System ein ausreichend kurzes „Auflagemaß“ besitzt, das es erlaubte, noch einen mechanischen Adapter für dieses Ernostar-Objektiv zu realisieren: die Alpa-Reflex ! … die ich „zufällig“ schon besass (eine wunderschöne Alpa 10d)!
Zufällig besaß ich auch eine Schrott-Optik für Alpa-Reflex, aus der nun der Bajonett-Anschluss herausoperiert und an das Ernostar rückseitig angebaut wurde.

Man ahnt schon an diesem Bild, dass es da zum Kamerakörper eng zugeht! Noch besser sieht man das hier:

Der 2. Schritt bedurfte nun einiger Jahre Entwicklungsarbeit – und ich weiß bis heute nicht, ob jemand sowas schon mal gemacht hat.
Das Prinzip ist wie folgt:
Dasselbe IMATEST-Target, das auch mit der Digitalkamera für die Analyse mit IMATEST-Software fotografiert wird, wird hier auf Analog-Film in der Alpa 10d gebannt.
Die Entwicklung erfolgt mit einem klassischen Standardentwickler unter Standardbedingungen: Rodinal 1+25, 8 min bei 20°C.

Das Negativ des Targets wird mit dem Scanner Reflecta RPS 10M bei 5.000 dpi als Positiv eingescannt als Mehrfachscan mit einer mittleren Glättung und stets den gleichen Schärfungsparametern für die USM (Unschärfe-Maskierung) – Scan-Software ist Silverfast 8 (ein Wechsel oder auch nur Update der Software ist wegen der Reproduzierbarkeit der Messergebnisse nicht denkbar!).
Die digitale Bild-Datei hat 30-34 Megapixel, die Nyquist-Frequenz beträgt ca. 2.250 Linienpaare/Bildhöhe.
Die Methode zur Messung der Auflösung mit IMATEST habe ich vor genau 2 Jahren in meinem Artikel https://fotosaurier.de/wp-admin/post.php?post=2657&action=edit detailliert beschrieben.
Die Qualität des Ernstar-Objektives bei Makro-Aufnahmen
Dem Buch von Erhard Bertele /1/ habe ich entnommen, dass die Arbeiten am Ernostar aus Entwicklungen eines lichtstarken Projektionsobjektives mit verbesserter Schärfe hervorgegangen waren. Da liegt es nahe, von dem Objektiv auch im Nahbereich gute Leistungen zu erwarten, zumal es in der Ermanox-Kamera mit einem sehr langen helikalen Auszug ausgestattet war.
Die folgende Aufnahme mit dem Aufnahme-Maßstab von ca. 4:1 habe ich mit dem Ernostar an der Sony A7RII bereits 2016 gemacht. Der darunter stehende Ausschnitt nahe der Bildmitte entspricht in der Bildschirmansicht etwa 45% Vergrößerung (1 Bildschirmpixel entspricht etwa 2 Aufnahmepixeln).
Ich glaube, die Qualität der ansonsten völlig unbearbeiteten Darstellung (keinerlei Nach-Schärfung!) spricht für sich.


Herbert Börger
Berlin, 25. Oktober 2025
Literatur:
/1/ Erhard Bertele, Ludwig J. Bertele – Ein Pionier der geometrischen Optik. 2017, VdK Hochschulverlag AG an der ETH Zürich, ISBN 978-3-7281-3816-3
/2/ Marco Kröger, im Blog „zeissikonveb.de“ – Vom Ernostar zum Sonnar, Ludwig Bertele – Meister der Koma-Korrektur




























































































The second chart is showing the

For the measurement I used a SONY A7Rm4 with 60,2 MP-resolution which has a pixel-width of 3,77 µm. The theoretical resolution-limit of the sensor is 3.184 LP/PH (Nyquist Frequency).
The camera setting is used basic as delivered from factory at ISO100 and exposure-compensation of -0.7 stops, using out-of-camera JPEGs. All measurements are made with the identical camera-body (which is important for a precise comparison: I have used one other (earlier) body of this model in comparison, which gave resolution-values between 50 and 200 LP/PH lower than my own camera-body). The repeatability with this method I estimate at 2-2.5%, using ALWAYS manual focusing on the lens with maximum focusing enlargement (11.9-fold) in the camera-viewing-system. Measurement is repeated with re-focusing until a stable maximum resolution at open-aperture of the lens is found and then pictures of the resolution-target are taken with the focussing made wide open for all full down-stops of each lens.
Edge profile (edge-sharpness) is the width of the rise from 10% to 90% intensity at a dark-bright edge in the test target – measured in pixel (width 3,77 with the camera used) – Example shown here for the latest 24mm-prime-lens SIGMA i-Series 24mm f/3,5 – at open aperture f/3,5:































