Zu Leben und Werk von Pierre Angénieux finden Sie bei mir einen eigenen Text hier: Pierre Angénieux -. Sternstunden der Foto-Optik.
Die Optik mit Festbrennweite 90mm behandle ich hier.
Die Optik mit Festbrennweite 35mm behandle ich hier.
Die Optik mit Festbrennweite 28mm behandle ich hier.
C – Angénieux Retrofocus 24mm f3,5 (R61) von 1957: Mein Exemplar ebenfalls mit Alpa-Anschluss.
Beim Einführungstermin behielt Angénieux auch hier die Nase vorn. Es ist nun ein 8-Linser mit acht frei stehenden Einzellinsen. Das negativ brechende Vorderglied besteht nun aus 4 Einzellinsen!
Auch bei diesem weltweit ersten Retrofokus-Weitwinkel für Kleinbild SLR mit über 80° Bildwinkel hatte offensichtlich die Verzeichnungsfreiheit allerhöchste Priorität für Angénieux, die nun bei fast Null liegt. Bis heute habe ich nichts vergleichbares gesehen. Für diesen Aspekt nahm man offensichtlich wiederum die relativ hohe Chromatische Aberration in Kauf – die aber auf demselben Niveau liegt, wie das zeitgenössische Canon-Meßsucher-Objektiv 25mm f3.5!
Um es gleich vorweg zu nehmen: auch bei diesem Objektiv legt Angénieux wieder einen Stand der Technik vor, der erst Anfang/Mitte der 1970er Jahre maßgeblich übertroffen wird ( mit Ausnahme der singulären Ausnahme-Optik von Topcon!) – dementsprechend wird es auch bis 1971 in dieser Form geliefert.
Dagegen gestellt:
- Canon Rangefinder (M39) 25mm f3,5 (1956)
- Carl Zeiss Jena Flektogon 25mm f4,0 (1959)
- Topcon Topcor 2,5cm f3,5 (1959)
- Zeiss für Contarex Distagon 25mm f2,8 (1961)
- Minolta MD Rokkor 24mm f2,8 (1971 – auch von Leica übernommen!)
- Olympus OM 24mm f2,0 (1973)
- State-of-the-art: Zeiss Distagon (Batis – E-Mount) 25mm f2,0 (2016)
- Extra: Zoom Sony (E-Mount) 12-24mm f4,0 bei 24mm
Hier der Auflösungsvergleich als Tabelle:
Achtung: Der Vergleich mit dem Meßsucher-Kameraobjektiv von Canon (25mm f3.5) krankt bezüglich der Auflösung Rand/Ecken sicher an der Situation, dass bei (allen) diesen M39-Weitwinkel-Optiken wegen der kurzen hinteren Schnittweite am Digitalsensor die Strahlen zu flach auf den Sensor auftreffen. Diese Objektive sind nicht im vollen Bildformat „digitaltauglich“.
Bemerkung: Für das Minolta MD W-Rokkor 24mm f2.8 habe ich am 10.03.20 die Auflösungsdaten und Messkurven aktualisiert! Da das Objektiv einen größeren Bildwinkel als die anderen 24er des Vergleichs hat, war die automatische Positionierung der Meßzonen mit den anderen 24/25ern nicht vergleichbar und die Messung wurde wiederholt.
Ein Jahr nach der Einführung des 24er durch Angénieux bringt ISCO (Göttingen, BRD) 1958 das Westron/Westrogon 24mm f4.0 auf den Markt. Dahinter steht eine Geschichte: der Optik-Konstrukteur Rudolf Solisch, der mit Dr. Harry Zöllner zusammen das erste Flektogon 35mm entwickelt hatte, war direkt nach der Patentanmeldung 1953 in den Westen gegangen und taucht hier bei ISCO als Erfinder des Westron 24mm f4.0 auf (das Westron 28mm f4.0 erscheint erst 1961!). Ich besitze es nicht.
Zeiss Jena selbst braucht noch ein Jahr länger, um 1959 das Flektogon 25mm f4.0 auf den Markt zu bringen (andere Quellen nennen 1960). Es ist ein 7-Linser. Leider ist der sagittale Strahl in der äußersten Bildecke „unterirdisch“ bei Offenblende – sonst ist das Objektiv ganz ordentlich. aber schnell vom Stand der Technik überholt – so wurde es 1967 ersetzt.
Ebenfalls 1959 kam von Topcon das RE Auto-Topcor 2,5cm f3.5 heraus. Möglicherweise ist diese Optik in Europa zunächst nicht weiter aufgefallen – die Brennweite wurde sogar noch in cm graviert, was den 50er Jahre-Ursprung beweist! Es hat ebenfalls noch die charakteristische relativ große Negativ-Meniskus-Frontlinse – es ist das Objektiv rechts neben dem Angénieux auf dem ersten obigen Foto. Es gibt zu der Optik (im Lieferumfang) einen Filtersatz, der rückseitig eingeschraubt wird (und es muss immer ein Filter im Strahlengang sein!). Es wurde für die Topcon RE gebaut und hat somit eine Automatik-Blende, die aus dem Kamera-Inneren betätigt wird! Ich kenne den Linsenaufbau nicht. Alle Auflösungs-Daten sind senstionell für die damalige Zeit (s. Tabelle).
Für das Distagon 25mm f2.8 an der Contarex nimmt sich Zeiss Ikon Zeit bis 1961 – und es ist bei Offenblende und abgeblendet etwa gleichauf mit dem Flektogon 25mm – aber auch nicht besser. Der Aufbau hat hier schon das strikte Prinzip von Grundobjektiv und in großem Abstand davor gesetztem negativ brechenden Frontglied verlassen. Der Frontdurchmesser ist entsprechend kleiner.
Nikon ging von Anfang an diesen Weg zu Objektiven, denen man das „Retrofokus“ nicht mehr auf den ersten Blick ansieht. Die Nikon F wurde vor allem wegen der weiteren Verwendung der früheren symmetrischen Weitwinkel-Designs mit kurzem Abstand zum Film mit der Möglichkeit zum Verriegeln des Spiegels in der oberen Lage ausgestattet. Man nahm sich dann Zeit bis 1967 – und legte mit dem Nikkor-N 24mm f2.8 ein „integriertes“ Retrofokus-Design vor, das kompakte Weitwinkel ermöglichte. In diesem Falle mit 52mm Filtergewinde! Die optische Qualität im Vergleich zu den anderen Kandidaten ist mir nicht bekannt.
Dieser Weg setzte sich konsequent fort, wovon die beiden 24er von Minolta und Olympus zeugen. Das Minolta MD Rokkor-X 24mm f2.8 (VFC) von 1971 ist das legendäre Weitwinkel (das auch von Leitz für die Leica R adoptiert wurde). Es liefert tatsächlich ein gewaltiger Fortschritt im Kontrast bei niedrigen Frequenzen (MTF-Kurve!) und im Kontrast an Rand/Ecke. Es ist ebenfalls gut in der Verzeichnung und deutlich besser in Chromatischer Aberration.
In meinen Vergleichsmustern sehe ich mit dem legendären Olympus OM 24mm f2.0 im Jahr 1973 einen gravierenden Fortschritt in der Auflösung bei Offenblende und hoher Lichtstärke.
Das gegenwärtige Zeiss Distagon „Batis“ 25mm f2.0 für die Sony E-Mount Kameras nutzt nun endgültig die Leistung des 60 MP-Sensors in vollem Umfang.
Auch in diesem Vergleich ist zu sehen, dass man heute – bei Begrenzung der Lichtsärke (hier auf f4.0) die beste Qualität auch mit einem Zoom-Objektiv erreichen kann. Das Sony G 12-24mm f4.0 ist dabei sogar relativ kompakt.
Hinweis: Mein Ziel in dieser Darstellung ist es nicht eine vollständige Darstellung der Geschichte einer Objektiv-Klasse für SLR, sondern die Gegenüberstellung von vergleichbaren zeitgenössischen und nachfolgenden Objektiven zu den Angénieux-Optiken. Das geschieht an Beispielen, die mir selbst zur Verfügung stehen. Die Abwesnheit von Nikon-Canon-Pentax-Optiken ist rein zufällig entstanden. Der Schwerpunkt des Artikels liegt auf den ganz frühen Optiken.
Wie sich die niedrige Ecken-Auflösungen – verglichen mit der Auflösung im Zentrum – auf die bildliche Darstellung von Strukturen auswirkt, kann man in diesem Blog-Beitrag sehen:
Das Prüf- und Mess-Verfahren kann man im diesem Blog-Beitrag nachlesen:
Fotosauriers optisches Testverfahren für Objektive mit IMATEST
Copyright Fotosaurier, Herbert Börger, Berlin, 10. März 2020
Guten Tag
Der RE Auto-Topcor 2,5 cm f:3,5 stammt nicht von 1959 sondern von 1965.
Es gab vor die Topcon RE Super keine RE-Objektive und die RE-Super wurde in 1963 auf dem Markt gebracht.
Die frühere Topcor waren R Topcor, Auto-topcor und F.Auto Topcor.
Sehr interessanter Web Site. Ich habe einige Stunden, mit grosser Interess, darin gelesen.
Mit freundlichen Grüssen
Franck Marchionni
Sie haben Recht! Ich werde das ändern. Danke!
Sie haben recht! Bin dabei das zu korrigieren – ändert aber fast nichts an der Aussage meiner Daestellung!